Päpste, ihre Pontifikate: A bis G, wahlweise

Tatsachen und Meinungen zu ausgewählten Päpsten, A-G
Grössere Texte bei Alexander VI. und Benedikt XVI.
 

Nachweise
 

 

 

Alexander V.

1409-1410, Krede Petros
Philargos, Obedienz
(Gehorsam von) Pisa

 

 

 

 

Alexander VI.

1492-1503
Rodrigo de Borja

Alb = Päpste, Albatros-Verlag; AS = Alexander Smoltczyk, Vatikanistan; HK = Hans Küng, Ist die Kirche noch zu retten?/Erkämpfte Freiheit/Erlebte Menschlichkeit; JE = Jürgen Erbacher, Der Vatikan, das Lexikon; Kirche heute Nordwestschweiz; OR = L’Osservatore Romano deutsch; Katholische Wochenzeitung Baden u. a. m.
→Inhaltsverzeichnis in Vorbereitung

Klaus Schelle, Das Konstanzer Konzil, S. 12:
Anfang des 15. Jahrhunderts regierten 2 Päpste: Gregor XII. (römische Obedienz, 1406-15) und Benedikt XIII. (Obedienz von Avignon, 1394-1417). 23 „Pisaner“ Kardinäle erklärten im Juni 1409 sowohl Gregor als auch Benedikt als Schismatiker und Ketzer für gebannt und abgesetzt. Sie verständigten sich auf einen Kompromiss-Kandidaten, den bereits 70-jährigen Kreter Petros Philargos, der sich als Papst Alexander V. nannte. Nun gab es also 3 Päpste! Benedikt wusste immerhin noch Aragon und Schottland hinter sich, während Gregor sich auf Neapel, Friaul, Ungarn, Bayern und den römischen König Rupprecht stützte. Alexander blieb in Bologna, starb dort schon ein knappes Jahr später, am 3. Mai 1410. Man munkelte, dass der Kardinal, der ihm zur Tiara verholfen und während seiner Amtszeit alle Drähte gezogen hatte, auch wesentlich an seinem Ableben beteiligt gewesen sei.
(Siehe jetzt  „Johannes XXIII., Baldassare Cossa“)

AS: Der berüchtigte Borgia-Papst Alexander VI. starb wahrscheinlich an einem Gift, das für einen  anderen bestimmt war. Die Art, wie er starb, liess seine Umgebung vermuten, dass weisses Arsen im Wein war: Sein Fleisch verfärbte sich schwarz, aus dem Mund mit der monströs (scheusslich, furchterregend) geblähten Zunge trat Schaum, Gase entfuhren zischend aus jeder Körperöffnung. Sein Körper war nach dem Tod so angeschwollen, dass die Bestatter auf seinen Bauch springen mussten, um den Sargdeckel schliessen zu können.

AS: Die Unsittlichkeiten Alexanders VI. waren legendär. „Die Tugenden des Papstes wurden bei Weitem von seinen Lastern übertroffen“, schrieb ein Zeitzeuge, der Befehlshaber der päpstlichen Truppen Francesco Guicciardini. „Obszöne Sitten, mangelnde Ernsthaftigkeit, mangelnde Keuschheit, mangelnde Schamhaftigkeit, keine Wahrhaftigkeit, weder Glaube noch Religion, unersättlicher Geiz, masslose Ruhmessucht, Grausamkeit und endlich das barbarische und. brennende Begehren, seine Kinder auf jede erdenkliche Weise zu erhöhen“. Alexander VI. ernannte den späteren Papst Paul III. (1503) zum Kardinal, nachdem er ihm die eigene Schwester preisgegeben hatte. Beim Abendessen habe sich Papst Alexander von 12 nackten Mädchen bedienen lassen. Diese von Julius II. in Umlauf gesetzten Erzählungen beeindruckten einen gewissen thüringischen Mönch namens Martin Luther bei seinem Rombesuch sehr nachhaltig. Er erzählte noch Jahre später, dass es damals in Rom als eine bewundernswerte Ausnahme galt, wenn ein hoher Kuriale sich mit einer einzigen Beischläferin begnügte, und wer sich mit verheirateten Frauen abgab, hielt sich für anständiger, als wer Knabenliebe betrieb.

HK S. 110: Der gerissene Politiker Alexander VI., Vorbild *Machiavellis, der sein Amt mit Simonie (Kauf oder Verkauf von geistlichen Ämtern) grössten Stils ergaunert hatte und mit seiner Geliebten vier (und noch als Kardinal mit anderen Frauen weitere) Kinder gezeugt hatte, exkommunizierte den grossen Bussprediger Girolamo Savonarola und zeichnete für dessen Verbrennung in Florenz mitverantwortlich. (*Machiavellismus: In seinem berühmtesten Werk “Il principe“ (1513) schildert Machiavelli (1469-1527) nach der Gestalt Cesare Borgias einen Fürsten, der die Einigung Italiens und seine Befreiung von fremden Machthabern durchführen soll, wobei die Staatsräson jede Treulosigkeit und jedes Verbrechen rechtfertigt.)

Alb S. 144 (…): Alexander VI. hatte bemerkenswerte Gaben, war intelligent, überaus energisch, äusserst ehrgeizig und völlig skrupellos. Von 1456 an, als er durch seinen Onkel Callixtus III. zum Kardinal kreiert wurde, machte er sich daran, Reichtümer aufzuhäufen. Er brachte das Familien-Vermögen der Borgia besonders auf Kosten zweier grosser Familien Roms zusammen, der Orsini und der Colonna. Er wurde mit spanischen Bischofsstühlen belehnt, mit italienischen Klöstern und Pfründen in und um Rom. Diese vielen Erwerbungen brachten ihm ein grosses Einkommen, doch gab er das meiste davon aus für den Bau des prunkvollen Palastes jener Zeit in ganz Italien, den er in Rom erstellen liess. Er stürzte sich in blinden Baueifer. Es entstanden ein Palast in Pienza (heute der Palazzo Vescovile), Befestigungen in Spoleto, ein geschnitzter Hochaltar für die Kirche Santa Maria del Popolo in Rom. Seine Geliebte Vanozza bestellte Fresken für eine der Seitenkapellen in dieser Kirche.

Vanozza de’ Cataneis war schon 31 Jahre alt, als sie und Rodrigo Borgia ein Paar wurden. Sie war eine Frau von aussergewöhnlicher Schönheit, mit Intelligenz und Geschäftstüchtigkeit, ihr gehörten drei Gasthöfe in der Stadt Rom. Im Ganzen war sie 3 x verheiratet, einmal vor, einmal während und einmal nach ihrer Beziehung zu Kardinal Borgia. Der künftige Papst hatte vier Kinder von ihr, aber es gab noch 3 weitere uneheliche Sprösslinge von vor ihrer Zeit. Alles in allem war er Vater von 10 Kindern, geboren von 4 Geliebten.

Alexander VI. war bekannt für das Gepränge (Prunk) seines Lebens in der Öffentlichkeit – bei Prozessionen pflegte er die Strassen mit Tapisserien (teppichartige Stickerei) auszukleiden und mit Blumen zu schmücken. Im privaten Bereich war er sparsam bis zur Knauserigkeit. Man erzählte, Alexander VI. habe das Papstamt mit fast kindlicher Begeisterung in Beschlag genommen. Seine Krönung wurde zu einer grossartigen Geschichte gemacht, dass es sich selbst für ihn als zuviel erwies. Er wurde 2 x ohnmächtig. Ohne Zeit zu verlieren, ging er daran, die Interessen seiner Familie zu fördern.

GEOEPOCHE Nr. 10, S. 175:
Alexander VI., unheiliger Vater
Sieben Teufel umlagern sein Sterbebett, und in seiner Todesstunde beginnt sein Körper zu kochen. Dampf entsteigt seinem Mund wie einem aufs Feuer gesetzten Kessel. Seine letzten Worte sind: „Ich komme, warte nur noch einen Moment!“ So beschreibt Francesco Gonzaga, Fürst von Mantua, den Tod von Alexander VI.

Der aus der Provinz Valencia stammende Alexander, mit weltlichem Namen Rodrigo de Borja (italienisch: Borgia), hat von allen Nachfolgern Petri den mit Abstand schlechtesten Leumund: Orgien soll er veranstaltet haben mit Prostituierten beiderlei Geschlechts, Kardinäle mit Gift umgebracht und sogar Blutschande mit seiner Tochter Lucrezia getrieben haben. Auch wenn die neuere Forschung viele dieser Vorwürfe widerlegt hat: Unbestritten ist, dass Alexander mindestens 7 Kinder gezeugt hat, unter ihnen den besonders skrupellosen Sohn Cesare.

Alexanders Vetternwirtschaft, die seinen Kindern und anderen nahen Verwandten einträgliche Posten sichert, steht gleichfalls ausser Frage. Vergessen wird dabei oft, dass Alexander VI. mit seiner energischen und weltoffenen Politik dem Papsttum nicht nur Schaden zufügt: Er sichert den Kirchenstaat gegenüber spanischen und französischen Interessen, begrenzt die Macht der in Rom miteinander rivalisierenden Familien (und stabilisiert so die dortige politische Lage). Darüber hinaus verkündete er 1494 den Vertrag von Tordesillas, in dem Portugal und Spanien die neu entdeckte Welt unter sich aufteilen.

Basler Zeitung vom 15. März 2013, S. 2; Hansjörg Müller und Michael Bahnerth

Alexander VI. – Sexsucht und Sakramente. „Der wildeste Wolf“. Er gilt als Erfinder des Gruppensex in den Gemächern des Vatikan. Columbus war eine Woche auf dem Seeweg ins Unbekannte, da wurde, am 11. August 1492, ein Spanier zum Papst, der, wie man heute sagen würde, nichts anbrennen liess. Seine sehr jugendliche Lieblingsmätresse nannte das Volk „sponsa christi“, Braut Christi, und das lag wohl daran, dass er, Alexander VI., sich selbst weniger als Stellvertreter Gottes auf Erden sah, sondern als Gott selbst: Roderic Llançol y de Borja. Schon sein Onkel war Papst, das half Borgia, sich schneller das Reich Gottes untertan zu machen. Der Renaissance-Fürst mit Papstkrone gilt heute als einer der schillerndsten Päpste, sein Leben zwischen Sexsucht und Sakramenten ist Mythos. Es ist nicht ganz klar, was wahr ist und was von seinen Neidern und den Nachkommen jener, die er zu seinem Vorteil umbringen liess, in die Welt gesetzt wurde. Begraben wurde er 1503 unehrenhaft. Sein elfjähriges Pontifikat war durchsetzt von Machtgier, Giftmorden, Einkerkerungen, der Liebe zu Jungfrau Maria und zu seiner Tochter Lucrezia, mit der er Blut geschändet haben soll. Er gilt als der Erfinder von Gruppensex im Vatikan. Legendär die „Kastanienorgie“, die er für seinen Sohn Cesare gegeben haben soll, jenen Cesare, der ebenfalls mit Lucrezia mehr teilte als die Verwandtschaft und der Machiavelli als Vorbild in „Il Principe“ dienen sollte. 50 Prostituierte krochen nackt über den Boden und mussten mit dem Mund Kastanien aufpicken. „Der wildeste Wolf, den die Welt je gesehen hat“ (Giovanni de‘ Medici) starb nicht Borgia-gemäss durch Gift, sondern an Malaria. mib

YouTube CH; Der Reichtum der Kirche ist Blutgeld
Rodrigo Borgias Bestechungsgelder waren atemberaubend. Unter 4 Päpsten war er Vizekanzler. Er verschenkte als Kardinal reiche Abteien, luxuriöse Villen, ganze Städte, um sich die Stimme eines Kardinals für die Papstwahl zu sichern. Beim 5-tägigen Konklave im August 1492 operierte er mit Versprechungen, profitablen Beförderungen und unverhohlenen Bestechungen, um die Wahl für sich zu entscheiden. Manche Kardinäle wollten dafür Paläste, wieder andere Burgen, Land oder Geld. Die letzte entscheidende Stimme bei der Papstwahl kam von einem venezianischen Mönch. Dieser wollte lediglich 5’000 Kronen und eine Nacht mit Borgias Tochter, der 12-jährigen Lucrezia. Borgia wurde mit 22 Stimmen gewählt einschliesslich derjenigen des Mönchs.

V.-J. Dieterich, Martin Luther, 2017, S. 29
Den zweiten zentralen Mann auf europäischer Ebene, den Papst, hat Martin Luther nicht persönlich kennengelernt, obwohl er in seiner Zeit als Mönch für ein paar Wochen in der Heiligen Stadt weilte. Die Päpste waren in dieser Zeit zu weltlichen Herrschern mutiert. Um die Jahrhundertwende pflegte Alexander VI. Borgia (1492-1503) vom Balkon seines Palastes aus, den Arm um seine Tochter gelegt, die Hengste seines Gestüts zu bewundern – gestorben ist er wohl an dem Gift, das er selbst einem Widersacher zugedacht hatte.

Benedikt VI.
Römer
973-74



Benedikt IX.
Theophylakt III.
von Tusculum
1045, 1047-1048

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Benedikt XI.
di Boccasio
1303-1304

Wurde vergiftet (John Cornwell, Wie ein Dieb in der Nacht, Seite 38)

 


c 2024 Microsoft, 25.01.2024

Der "Kinderpapst". Das erste Pontifikat endet mit der Vertreibung, das zweite, weil er das Amt verkauft. Er bringt das Papsttum an den Rand des Abgrunds, u. a. durch den Ausbau der Familienmacht und durch das teuflisch unheilige Leben. Er ist einer der umstrittensten Päpste in der Geschichte des Papsttums. Benedikt IX. war kaum aus dem Teenageralter heraus, als er an die Sptze des Heiligen Stuhles kam - ein durch und durch korrupter Pontifex. Völlig ungeeignet für die Rolle als Obnerhaupt der katholischen Kirche, machte sich Benedikt mit seinem schändlichen Verhalten und seiner völligen Missachtung der Institution, die er repräsentierte, schnell Feinde. Doch trotz seines abscheulichen und unheiligen Verhaltens bekleidete er das Amt des Papstes zwei Mal.

Letzter Papst vor Avignon. Er starb, so hiess es, an zermahlenem Glas in seinen Feigen. (Avignonzeit: 1309-77)

Alb S. 127: Der unmittelbare Nachfolger von Bonifaz VIII., Benedikt XI., starb knapp 9 Monate nach seiner Wahl und so musste 1304 wieder ein Konklave zusammentreten (gewählt wurde Clemens V.)

Benedikt XIII.
1417, Obedienz (der Folgschaft)
von Avignon
Pedro de Luna, Aragon/E

Klaus Schelle, das Konzil von Konstanz, S. 11:

(vorgängige Papstgeschichte siehe unter „Bonifaz IX.“)
Im Jahre 1394 starb der Gegenpapst Clemens VII. (siehe dort) in Avignon. Die dortigen Kardinäle, natürlich mehrheitlich Franzosen, wählten den aus aragonesischem Hochadel stammenden Pedro de Luna als Benedikt XIII. zum Papst. Vielleicht ist er die interessanteste Figur der ganzen Kirchenspaltung. Dieser energische Jurist überlebte alle Versöhnungsversuche, ja, auch die Absetzung durch das Konzil von Konstanz im Jahre 1417, nachdem die spanischen Mächte ihn fallen liessen. Er starb erst im Alter von weit über 90 Jahren (1424)  auf seiner Felsenburg Peñiscola in Aragon, schon zu Lebzeiten eine Legende. – Das Museu d’Arte de Cataluna in Barcelona bewahrt ein Bild von ihm auf, das ihn wohl, in jüngeren Jahren zeigt, bekleidet mit den päpstlichen Insignien. (Siehe jetzt „Gregor XII.“)

Benedikt XIV.
Lambertini
Prospero
Lorenzo, Bologna
1740-58

Seine Statue ist im linken Seitenschiff des Petersdomes, gegenüber den Beichtstühlen zu finden:  Zum ersten Mal wird ein toter Papst stehend dargestellt. Im Mittelalter lagen sie noch, dann stützten sie sich auf, und in der Renaissance sassen die Figuren schon recht aufrecht. Aber stehend sah man erstmals Benedikt XIV. Ende des 18. Jh. Es lohnt sich, die Flügel des Puttenengels bei diesem Denkmal am linken Fuss des Papstes genauer zu betrachten. Es sind Lederflügel mit Schuppen, Schwingen des Teufels. – Dieser Papst war der Anti-Vetternwirtschaftler auf dem Thron Petri. Seine Familie nahm ihm das verständlicherweise übel und weigerte sich, dem prinzipienfesten Onkel ein Grabmal zu zahlen. Das machte dann ein Kollektiv von Kardinälen und Diplomaten, um dem Nachfolgepapst Clemens XIII. (1758-69) die Leviten zu lesen, dem skrupellosesten Nepotisten (Nepotismus = Vetternwirtschaft) der neueren Papstgeschichte. Er liegt ein Grabmal weiter.

Alb S. 175: Er war ein liberaler Mann, witzig und kultiviert. Besonders in Erinnerung blieb er wegen seiner Schriften über den Kanonisierungsprozess. Er war leichtherzig gutartig. Als Erzbischof übte Lambertini eine gütige und phantasiereiche Herrschaft aus. Er schaffte die öffentlichen Auspeitschungen ab, verbot Stierkämpfe, gründete eine Besserungsanstalt und hob den Ausbildungsstand im Seminar. Er ergriff ernstliche Massnahmen gegen den Aberglauben und bestand darauf, alle zur Verehrung ausgestellten Reliquien müssten echt sein. Er fühlte sich in Bologna sehr glücklich.

Die Papstwürde nahm er nur widerstrebend an; er sagte den versammelten Kardinälen, er tue es nur, weil er sich Gottes Willen nicht widersetzen, nicht unfreundlich erscheinen oder das Konklave noch weiter in der Sommerhitze hinauszögern wolle – 2 Kardinäle waren schon gestorben, während es tagte. Es hatte von den ersten Märztagen bis zum 17. August 1740 gedauert. Im 255. Wahlgang wurde er einstimmig gewählt

Seine Lebensweise als Papst unterschied sich wenig von der in Bologna. Immer noch ging er zu Fuss durch die Stadt. Er führte kein spartanisches Leben, brachte es aber dennoch fertig, die päpstlichen Ausgaben für Essen und Wohnen zu reduzieren. Er kürzte auch die Verteidigungsausgaben für den Kirchenstaat. Er hat das ungewöhnliche Verdienst, dass er als erster eine Liste der Strassen- und Platz-Namen des modernen Rom aufzeichnete. Er tat eine Menge für Rom (Kolosseum, Fontana di Trevi, breite Strasse von Gerusalemme nach dem Lateran, Restauration von Kirchen). Er hatte intensives Interesse an allen Zweigen der Wissenschaft, vor allem an der Medizin. Benedikt hatte für seine Zeit erstaunlich liberale Ansichten (Befreiung von Gelübden bei Mönchen und Nonnen, Gegner der Kastration von Knaben-Sopranen, keine Härte bei Beichtbussen). Gegen Ende seines Pontifikates entwickelte er ein grosses Interesse an den Kirchen im Osten.

OR Nr. 24 vom 16.06.2023, S. 5, Ulrichm Nersinger
(..) Kraft eines Motu Proprio gab Benedikt XIV. den Cavalleggeri im Jahre 1714 eine neue Ordnung und legte die Anzahl auf 90 fest. (...)
→Buchstabe Sch, Schweizergarder: OR Nr. 24 vom 16.06.2023
    "Zwei unbekannte historische Leibwachen des Papstes"

Benedikt XV.
1914-22
Giacomo
della Chiesa
aus Genua

HK, S. 148: Er war ein gemässigter Mann, beseitigte jene alles vergiftende antimoderne kuriale Geheimorganisation „Sodalitium Pianum“ (zzt. Pius X., seinem Vorgänger), ähnlich dem heutigen Opus Dei. Er bemühte sich intensiv, aber erfolglos um Vermittlung im Ersten Weltkrieg. Aber er approbierte auch – ohne jegliche Zustimmung des Weltepiskopats – den unter seinem Vorgänger vorbereiteten neuen Codex Iuris Canonici (1917). Das zentralistische römische System erscheint damit auch rechtlich abgesegnet und abgesichert.

Kath. Wochenzeitung 33/2017, August, Anian Ch. Wimmer
Was diesen Weltkriegs-Papst und seine Botschaft des Friedens heute so aktuell macht

Er wollte die „furchtbare Schlächterei“ stoppen – und sein Friedensappell ist heute immer noch aktuell: Der Brief von Papst Benedikt XV. an die Regierungen des Ersten Weltkrieges war Auftakt einer neuen, wichtigen Rolle der Päpste als Autoritäten für den Frieden im blutigen 20. Jahrhundert – und darüber hinaus. Daran hat der Vorsitzende der Italienischen Bischofskonferenz (CEI) erinnert, Kardinal Gualtiero Bassetti.
In einem Artikel im „L’Osservatore Romano“ äussert sich Bassetti über den Brief, den der damalige Pontifex am 1. August 1917 an die „Führer der kriegsführenden Völker“ schrieb. Die Beschwörung eines sinnlosen Massakers, so Kardinal Bassetti, „wurde zu einer Art Schmerzensschrei gegen die moderne Kriegsführung und alle Formen brutalen Massenmords, den eine nihilistische (völlige Verneinung aller Normen und Werte) Moderne hervorgebracht hat“.
Tatsächlich hätten wenige Dokumente eines Papstes so sehr eine zeitgenössische Öffentlichkeit beeinflusst wie die Friedensnote Benedikts XV.
„Soll denn die zivilisierte Welt nur noch ein Leichenfeld sein?“ – Das ist die erschütternde Frage, die der Papst stellte, vor nunmehr genau 100 Jahren, am 1. August 1917. Seit 3 Jahren floss bereits Blut. Benedikt warnte vor diesem „allgemeinen Wahnsinn“. Wie ein Vater rufe er „alle seine Kinder“, die er gleich liebe, zum Frieden auf, so der Papst. (…)

Benedikt XVI.
gewählt am 
19. April 2005,
Joseph Ratzinger,
geboren am 16.04.1927
in Marktl
am Inn/Bayern.
264. Bischof von Rom
→Worte des  Papstes
→Wallfahrtsorte 
→Papstrücktritt
→Englisch Andreas
→Franziskus
→Benedikt XVI.

https://de.wikipedia.org/wiki/Benedikt_XVI.

HK, S. 134: Der polnische Johannes Paul II. wie der deutsche Restaurationspapst (Wiederherstellung der alten Ordnung) brachten ihre Kritik an der westlichen Demokratie („Konsumismus, „die Diktatur“ des Relativismus [philosophische Lehre, für die alle Erkenntnis nur relativ (bedingt vergleichsweise), nicht allgemeingültig ist], neuerdings „negative Toleranz“) zum Ausdruck, ohne zu merken, dass sie ihrerseits eine Diktatur des Absolutismus und oft gar keine Toleranz praktizierten. Das kam zum Ausdruck etwa in der Frage der Abtreibung, bei der die Päpste den Volkswillen nicht akzeptierten. Joseph Ratzinger versuchte als Kardinal, den Deutschen Bundestag bezüglich der Schwangerschaftskonflikt-Beratung unter Druck zu setzen und vergrämte damit sogar die bayrisch katholische Partei CSU. →Johannes Paul II.

Johannes Paul II. und Benedikt XVI. haben ausser vielen schönen Worten und wenigen Gesten kaum Reales für die Einheit der Christen erreicht. Viele Katholiken stellen mit wachsendem Befremden und Unmut fest, dass gerade Benedikt XVI. sich in vielen Punkten immer mehr vom Konzil entfernte. Es geht dabei nicht nur um seine verpassten und verpatzten Gelegenheiten der Verständigung mit den Juden, Muslimen und südamerikanischen Indios, sondern vor allem um ein besseres Verstehen mit Protestanten und Orthodoxen. Es geht dabei aber auch um recht unauffällige Detailentscheidungen sachlicher oder personeller Natur, die zeigen, dass dieser Papst, der sich sogar an die vier antikonziliaren und antisemitischen Bischöfe der →Pius-Bruderschaft angenähert hat, sich immer mehr vom Zweiten Vatikanischen Konzil und damit auch von der Gemeinschaft der Gläubigen entfernt.

HK S. 201: Das Abrücken vom Vatikanum II kommt symbolhaft zum Ausdruck in Papst Benedikts neuer/alter Prunksucht und Kleidermode. Der Konzilspapst Paul VI. pflegte in Gewändern und Einrichtung vielfach einen einfachen modernen Stil. Papst Benedikt kommt nun den Reaktionären im Vatikan entgegen und versucht eine Reform der Reform in Richtung Vergangenheit durchzuführen. Vielleicht meint er, etwas von dem durch Skandale verlorenen inneren moralischen Glanz des Papsttums kompensieren zu können durch eine Restauration von altem Glanz und Gloria? Freilich hatte Joseph Ratzinger schon von Haus aus eine Neigung zum Barock und eine Nostalgie nach der alten Liturgie. Trotzdem wundern sich viele, dass dieser, wie man meinte, einfache und bescheidene Mann als Papst schon bald durch seine Kleidermode auf sich aufmerksam machte. Zusammen mit massgeschneiderten modernen roten Schuhen trug er wieder gerne den aus dem 13. Jahrhundert stammenden Schulterumhang („Mozzetta“) aus rotem Samt, besetzt mit Hermelin und eingefasst mit Seide. Er liess die mit Edelsteinen besetzte Mitra, die Pius IX. zur Eröffnung des Vatikanum I getragen hatte, aber auch den prunkvollen geschnitzten Fürstenthron von dessen Nachfolger Leo XIII. und einen schweren goldenen Hirtenstab aus den Depots des Vatikan hervorholen.

Man mag darüber lächeln, wenn dieser Papst sich der Welt in immer neuen feinen Roben und reich bestickten Mitren präsentiert: so viel Prunk und Plunder, der nun manche Bischöfe anregen mag, es ihm gleichzutun. Aber mehr als eine traditionelle Modetorheit ist es, dass gerade ein deutscher Papst, der schon in den Gewändern des Borghese-Papstes Paul V. den Aschermittwoch 2008 gefeiert hatte, auch noch 30 neue liturgische Gewänder nach dem Design des Medici-Papstes Leo X. (1513-21) schneidern liess, der Luther verurteilt und die Reformation verschlafen hatte. Über diese kostspielige Taktlosigkeit gegenüber den Protestanten und Geschmacklosigkeit gegenüber reformorientierten Katholiken kann man nur den Kopf schütteln. Das Abendmahl Jesu ist in solchen Pontifikalmessen jedenfalls kaum noch zu erkennen.

S. 203: Aber schlimmer als des Papstes modische Eskapaden und liturgische Rückschritte (z. B. wieder Mund- statt Handkommunion) sind die ständigen Ernennungen von konzilsfernen oder gar konzilsfeindlichen Personen auf Bischofssitze und kuriale Schaltstellen.

Es gibt Leute in und ausserhalb der Kirche, die Kardinal Ratzinger/Papst Benedikt XVI. als den Hauptverantwortlichen für den reaktionären römischen Kurs und die Vertuschung der sexuellen Missbrauchsfälle zum Rücktritt aufforderten; ich gehöre nicht dazu. Aber ich gehöre zu denen, die befürchten, dass dieser Papst in der Gefahr ist, sich in seiner Abgehobenheit noch mehr vom Gottesvolk zu entfernen.

HK, S. 597: Prof. Hermann Häring, damals in Tübingen mein Assistent, zeigt in einer mehr als 200-seitigen scharfsinnigen Analyse auf, wie sich „Theologie und Ideologie bei Joseph Ratzinger“ (2002) von Anfang an ineinander verschlungen haben. Gewisse Fragen liess er einfach nicht an sich heran, der modernen Exegese gegenüber war er stets skeptisch eingestellt und historischen Argumenten nur beschränkt zugänglich. In seiner Tübinger „Einführung ins Christentum“ (1967) begnügte er sich mit einer Karikatur der zeitgenössischen Jesusforschung und zeigte ansatzmässig schon hier, zu welchen Missdeutungen, Unterstellungen, Verzerrungen und Aburteilungen er fähig ist, wie ich sie selbst, für mich sehr schmerzlich, schon 7 Jahre später in seinem Schmähartikel gegen mein Buch „Christ sein“ erfahren musste.

HK, S. 598: 68er-Studentenrevolte. Beide wurden wir mehr als einmal im Hörsaal durch Sit-ins von fachfremden Protestierern lautstark an der Lehre gehindert. Was für mich lediglich eine zeitweilige Verärgerung blieb, hatte bei Ratzinger offensichtlich eine dauernde Schockwirkung zur Folge. Kein Semester länger wollte er in Tübingen bleiben. Vor allem die Agitation einer revolutionären Gruppe innerhalb der Katholischen Studentengemeinde, die in einer neuen Satzung den Studentenpfarrer total der Gemeindeversammlung unterordnen wollte (was auf unseren gemeinsamen Widerstand stiess), hatte ihn tief getroffen. Bis auf den heutigen Tag zeigt Ratzinger seither eine Verkrampfung gegen alle Bewegungen „von unten“, ob Studentengemeinden, Priestergruppen, KirchenVolksBewegung oder Iglesia popular oder Befreiungstheologie.

OR Nr. 36 vom 09.09.2011: Pünktlich zum Deutschlandbesuch von Benedikt XVI. vom September 2011 hat die Deutsche Bischofskonferenz ein theologisches Lesebuch mit verschiedenen Texten, ausgewählt vom Regensburger „Institut Papst Benedikt XVI.“, Joseph Ratzingers herausgegeben. Die 152 Seiten umfassende Arbeitshilfe steht als Download unter www.dbk.de in der Rubrik „Veröffentlichungen“ abrufbereit.

Kirche heute 38/2011: Neue Papstbiografie. „Benedikt XVI.: Der deutsche Papst“ lautet der schlichte Titel eines 720 Seiten starken biografischen Werkes, das der deutsche Vatikan-Journalist Andreas Englisch vorlegt. Jedes der bisher 7 Jahre des Pontifikats stellt Englisch unter einen zusammenfassenden Titel – vom „Papst wider Willen“ im Jahre 2005 bis hin zu den Jahren 2010 (Ein Papst mitten im Sturm) und 2011, ein Jahr, in dem laut Englisch „Benedikt XVI. bei sich ankam“. Englisch beschreibt nicht nur die Vatikan-Politik im Grossen und Kleinen, sondern er bekennt auch den Wandel in seinem eigenen Verhältnis zu Joseph Ratzinger: von einem eher distanzierten Wegbegleiter zu einem Bewunderer. Seit 1987 lebt Englisch in Rom als Korrespondent und Kolumnist für die deutsche Bild-Zeitung.

OR Nr. 43 vom 28.10.2011:
Ehrenbürger in der Heimat seiner Grossmutter
Papst Benedikt XVI. ist am 22. Oktober 2011 Ehrenbürger der Südtiroler Heimatgemeinde seiner Urgrossmutter und Grossmutter, Natz-Schabs bei Brixen, geworden. Der Bischof von Bozen-Brixen, Ivo Muster, feierte aus diesem Anlass einen Gottesdienst in der Filialkirche Raas, die zur Pfarre Natz gehört. Der Weiler Raas war jener Ort, woher ein Teil der Vorfahren des Papstes mütterlicherseits stammte.

Kirche heute 49/2011:
Anzeige gegen den Papst
Weil Papst Benedikt XVI. bei seiner Freiburg-Visite (September 2011, Breisgau) im Papstmobil nicht angeschnallt war, ist er bei der Stadt wegen einer Ordnungswidrigkeit angezeigt worden. Die Anzeige sei am 24. November eingegangen und werde derzeit bearbeitet. Laut Bericht der in Dortmund erscheinenden „Westfälischen Rundschau“ hat der Unnaer Rechtsanwalt Johannes Christian Sundermann im Auftrag eines Dortmunder Mandanten „Herrn Joseph Ratzinger“ angezeigt, weil er während seiner Freiburger-Visite beim Deutschlandbesuch Ende September 2011 „wiederholt“ im Papstmobil die Anschnallpflicht verletzt habe.

Basler Zeitung vom 1. Dezember 2011:
Papst muss keine Busse zahlen
Freiburg (D). Eine Fahrt im Papstmobil ohne angelegten Gurt bleibt für Papst Benedikt XVI. ohne Folgen. Auf der aus Sicherheitsgründen gesperrten Strecke durch die Innenstadt habe die Strassenverkehrsordnung nicht gegolten. Deshalb sei das unangeschnallte Fahren Benedikts kein Vergehen. Ein Mann aus Dortmund hatte bei der Stadt Freiburg Anzeige erstattet.

OR Nr. 5 vom 03.02.2012:

Traunstein. Zum 85. Geburtstag von Papst Benedikt XVI. widmet ihm die Stadt Traunstein eine exklusive Briefmarke. Sie wird in einer Auflage von 2’000 Stück gedruckt und ab dem Geburtstag am 16. April nur in Traunstein erhältlich sein. Sie zeigt das Konterfei des Traunsteiner Ehrenbürgers in Gestalt der Bronzebüste, die seit 5 Jahren vor der Stadtpfarrkirche St. Oswald steht. Das Postwertzeichen kostet 1,50 Euro und wird in einer Klappkarte angeboten. Auf ihr sind die Traunsteiner Orte abgebildet, die mit den Jugendjahren Joseph Ratzingers in Verbindung stehen.

Kath. Wochenzeitung Nr. 7 vom 17.02.2012:
Kardinal Koch: Im Juli 2007 hatte Benedikt XVI. verfügt, dass weltweit wieder Messen nach dem tridentinischen Ritus gemäss dem Messbuch von 1962 gefeiert werden dürfen. Das Messbuch von 1970 bleibe aber „die normale Form“ der Eucharistiefeier der römischen Kirche. Er wände sich gegen den Vorwurf, wonach Benedikt XVI. in der Liturgiefrage hinter das 2. Vatikanische Konzil (1962-65) zurück wolle. „Unter diesen Unterstellungen leidet der Papst.“ Im Gegenteil sei es ein Anliegen vom Papst, bis heute nicht umgesetzte Aussagen des Konzils zur Liturgie aufzugreifen.

OR Nr. 10 vom 9. März 2012:

Seit 1. März 2012 ist Benedikt XVI. der älteste Papst seit über 100 Jahren. Er feiert am 16.04.2012 seinen 85. Geburtstag und ist damit künftig älter als sein Amtsvorgänger Johannes Paul II. (1978 – 2005). Zu diesem Geburtstag gibt die Marktgemeinde Marktl am Inn, der Geburtsort von Papst Benedikt XVI., eine eigene Briefmarke heraus. Diese hat den Wert von 55 Cent und zeigt Joseph Ratzinger sowie das Geburtshaus, in dem er am 16. April 1927 zur Welt kam.

BaZ vom 25. April 2012, S. 7:
Jesus ist „für viele“ gestorben, nicht „für alle“
Papst Benedikt XVI. hat die Deutsche Bischofskonferenz angewiesen, die deutsche Übersetzung der Messworte in einem theologisch zentralen Punkt zu ändern. So soll es in den Wandlungsworten der Eucharistie nicht mehr heissen, dass Jesus „für alle“ Menschen gestorben ist, sondern „für viele“. Der Papst begründete dies mit einer möglichst wörtlichen Übersetzung der in der Bibel überlieferten Worte „pro multis“.

Kath. Wochenzeitung Nr. 18 vom 4. Mai 2012, S. 8:
Bertone: Papst ist weder isoliert noch ein Panzer
Kardinalstaatsekretär Bertone Tarcisio hat Behauptungen zurükgewiesen, Papst Benedikt XVI. sei im Vatikan isoliert. Das von den Medien gezeichnete „Bild eines Panzers“ sei „völlig aberwitzig und verfälschend“, sagte Bertone am 19. April im italienischen Radio. Tatsächlich sei der Papst ein sanfter Mensch. Benedikt XVI. sei keineswegs isoliert, sondern von „treuen und engagierten“ Mitarbeitern umgeben, hob Bertone hervor. Anlass für das Interview mit dem Staatlichen Radiosender Rai 1 war der 7. Jahrestag der Wahl von Kardinal Joseph Ratzinger zum Papst, der am 19. April begangen wurde.

Arbeitet im Stil eines „milden und dialogischen Freundes“: Der zweite Mann im Vatikan würdigte Benedikt XVI. als einen Mann, „der sich von Gerüchten, momentanen Stimmungen und auch nicht von hartnäckigen Vorurteilen beeindrucken lässt“. (WA: Sekretär Gänswein sagt an einer Fernseh-Pressekonferenz vom BR das Gegenteil: „Es schmerze den Papst“.) Er informiere sich vielmehr, frage nach, höre stets taktvoll zu und erarbeite dann erst sein Urteil, so Bertone.

Kath. Wochenzeitung Nr. 20 vom 18. Mai 2012, S. 2:
Kardinal Brandmüller: Benedikt XVI. ist kein Übergangspapst
Die Bezeichnung als „Übergangspapst“ sei ein extrem vereinfachendes Urteil, Benedikt XVI. stelle die Wahrheit des Glaubens und die Einheit der Kirche in den Mittelpunkt. Der deutsche Kardinal Walter Brandmüller hat sich gegen die Bezeichnung Benedikts XVI. als „Übergangspapst“ gewandt. Dies sei ein extrem vereinfachendes Urteil, sagte Bandmüller in einem Interview mit der italienischen Tageszeitung „Avvenire“. Zugleich nahm Brandmüller den Papst gegen den Vorwurf mangelnden Interesses für diplomatische Angelegenheiten in Schutz. Jeder Papst müsse sich angesichts der Fülle der Aufgaben auf Schwerpunkte konzentrieren. Benedikt XVI. habe sich entschieden, die Wahrheit des Glaubens und die Einheit der Kirche in den Mittelpunkt zu stellen, sagte der Kardinal. Der Papst konzentriere sich auf das Wesentliche. Brandmüller verwies zudem darauf, dass die Zahl der diplomatischen Vertretungen des Heiligen Stuhles im Pontifikat Benedikt XVI. keineswegs gesunken, sondern gestiegen sei. Gegen eine Bezeichnung als „Übergangspapst“ spreche nicht nur die bisherige Länge des Pontifikats von immerhin 7 Jahren, sondern auch dessen thematische Ausrichtung, so Brandmüller Als Pontifikat des Überganges könne allenfalls jenes von Johannes Paul I. (1978) gelten. Mit dem Pontifikat des 33-Tage-Papstes sei das italienische Monopol auf dieses Amt zu Ende gegangen.

OR Nr. 24 vom 15. Juni 2012, S. 12:
Eigenes Ratzinger-Studienzentrum in Polen.
Bydgoszcz. Polen hat sein erstes „Ratzinger-Studienzentrum“. Es soll die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Denken des heutigen Papstes Benedikt XVI. fördern. Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone hat das Zentrum am 11. Juni 2012 eröffnet. Die Kujawisch-Pommersche Hochschule der nordpolnischen Stadt gründete das Zentrum in Zusammenarbeit mit der vatikanischen Stiftung „Joseph Ratzinger Benedikt XVI..“

Die Einrichtung will unter anderem Preise für herausragende wissenschaftliche Arbeiten über die Theologie Joseph Ratzingers ausloben. Vorgesehen sind auch wissenschaftliche Tagungen. An der seit dem Jahr 2000 begehenden nicht staatlichen Hochschule in Bydgoszcz sind rund 6’000 Studenten eingeschrieben. Kardinal Bertone ist anlässlich der Eröffnung des Ratzinger-Studienzentrums zum Ehrendoktor der Hochschule ernannt worden.

Basler Zeitung vom 3. August 2012, S. 6, SDA:
Dritter Band über das Leben Jesu
Rom. Der 85-jährige Papst Benedikt XVI. hat den dritten Band seines Buches „Jesus von Nazareth“ über das Leben Christi vollendet. Das Datum der Veröffentlichung werde nach der Übersetzung aus dem Deutschen in verschiedene Sprachen bekannt gegeben, teilte der Vatikan gestern mit. Der abschliessende Band der Trilogie (eine Folge von drei zusammengehörenden Werken) trägt den Titel „Die Kindheitsgeschichten“. Die ersten beiden Bände des Buches avancierten zu internationalen Bestsellern. Sie wurden in drei Dutzend Sprachen übersetzt.

OR Nr. 32/33 vom 10. August 2012, S. 6:
Ein bayrischer Abend für Papst Benedikt XVI.
Jodler und Salutschüsse über dem Albaner See in Castel Gandolfo. Am Mittwochnachmittag, 1. August 2012, ist der Sonderzug von Landshut abgefahren. Das Ziel der 1’000 deutschen Pilger, die von ihrem Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, angeführt wurden, war Castel Gandolfo, wo sie am Freitagnachmittag, 3. August zu Ehren Benedikts XVI. „eine musikalische Reise in seine Heimat“ (so Kardinal Marx) organisierten, als nachträgliches Geschenk, den er am vergangenen 16. April begangen hatte.

Die Musikanten, Trachtler und Gebirgsschützen vertraten alle Regionen seiner Heimatdiözese, der Erzdiözese München und Freising, in der der Papst seine Kindheit und Jugend verbracht und studiert hatte, zum Priester geweiht worden war und als Professor und später als Erzbischof wirkte. (…)

Kath. Wochenzeitung Baden Nr. 7 vom 15. 02. 2013, S. 11
Papst Benedikt XVI. kündigt seinen Rücktritt an

Am 11. Februar 2013 kündigte Papst Benedikt XVI. an, dass er am 28. Februar 2013 von seinem Amt zurücktreten wird. (Mit kath.net dokumentieren wir seine Ansprache an die zu einem Konsistorium in Rom versammelten Kardinäle in einer Übersetzung des Vatikan [Radio Vatikan]):

Lieber Mitbrüder! Ich habe euch zu diesem Konsistorium nicht nur wegen drei Heiligsprechungen zusammengerufen, sondern auch, um euch eine Entscheidung von grosser Wichtigkeit für das Leben der Kirche mitzuteilen. Nachdem ich wiederholt mein Gewissen vor Gott geprüft habe, bin ich zur Gewissheit gelangt, dass meine Kräfte infolge des vorgerückten Alters nicht mehr geeignet sind, um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben. Ich bin mir sehr bewusst, dass dieser Dienst wegen seines geistlichen Wesens nicht nur durch Taten und Worte ausgeübt werden darf, sondern nicht weniger durch Leiden und durch Gebet. Aber die Welt, die sich so schnell verändert, wird heute durch Fragen, die für das Leben des Glaubens von grosser Bedeutung sind, hin- und hergeworfen. Um trotzdem das Schifflein Petri zu steuern und das Evangelium zu verkünden, ist sowohl die Kraft des Körpers als auch die Kraft des Geistes notwendig, eine Kraft, die in den vergangenen Monaten in mir derart abgenommen hat, dass ich mein Unvermögen erkennen muss, den mir anvertrauten Dienst weiter gut auszuführen. Im Bewusstsein des Ernstes dieses Aktes erkläre ich daher mit voller Freiheit, auf das Amt des Bischofs von Rom, des Nachfolgers Petri, das mir durch die Hand der Kardinäle am 19. April 2005 anvertraut wurde, zu verzichten, so dass ab dem 28. Februar 2013, um 20.00 Uhr, der Bischofssitz von Rom, der Stuhl des heiligen Petrus, vakant sein wird und von denen, in deren Zuständigkeit es fällt, das Konklave zur Wahl des neuen Papstes zusammengerufen werden muss. Liebe Mitbrüder, ich danke euch von ganzem Herzen für alle Liebe und Arbeit, womit ihr mit mir die Last meines Amtes getragen habt, und ich bitte euch um Verzeihung für alle meine Fehler. Nun wollen wir die Heilige Kirche der Sorge des höchsten Hirten, unseres Herrn Jesus Christus anempfehlen. Und bitten wir seine heilige Mutter Maria, damit sie den Kardinälen bei der Wahl des neuen Papstes mit ihrer mütterlichen Güte beistehe. Was mich selbst betrifft, so möchte ich auch in Zukunft der Heiligen Kirche Gottes mit ganzem Herzen durch ein Leben im Gebet dienen.

Kirche heute 8/2013 März: Christof T. Zeller-Zellenberg

Danke, Du grosser Papst! Bitte, bete für uns! Der „einfache Arbeiter im Weinberg des Herrn“ beschenkt seine Kinder so überreich – begreift die Kirche, was hier geschieht? Ein „Schock“, sagen die einen, „endlich“ rufen die anderen. Und niemand begreift, was hier eigentlich geschieht! Wir leben in einer Zeit, in der sich jeder an seine eigenen Wünsche und Vorstellungen klammert und sich selber so unendlich wichtig nimmt. Einige Wenige wollen ihren eigenen Kopf sogar mit Ungehorsamsaufrufen durchsetzen und nehmen dafür sogar eine Spaltung des mystischen Leibes Christi in Kauf. Ihnen und uns allen zeigt der Stellvertreter Christi nun, was wahre Demut bedeutet. Er wägt über Monate in vollkommener Stille, nur im Gespräch mit Gott ab, was der Herr von ihm will und was das Beste für die Kirche ist, und dann geht er. Es ist eine menschliche einsame und fast einmalige Entscheidung in unserer Geschichte. Ein Mensch gibt das höchste und wichtigste Amt der Menschheit auf. Er legt es in jüngere, und wie er meint, in bessere Hände. Welch Zeichen höchster Demut! (…)

Johannes Paul II. und Benedikt, EIN Pontifikat der Doppelspitze! Danke, Du grosser Papst. Ein Pontifikat der Doppelspitze geht zu Ende – es begann mit der Wahl Johannes Paul II. und es endet in Stille und Demut. (…)

OR Nr. 10 vom 08.03.2013, S. 8:
Dankesgottesdienste in den deutschen Diözesen.

In zahlreichen Kirchen aller Diözesen Deutschlands und Österreichs fanden Dankesgottesdienste für Papst Benedikt XVI., dessen Amtszeit am 28. Februar 2013 um 20 Uhr zu Ende ging, statt. Im Wiener Stephansdom feierte der Apostolische Nuntius in Österreich, Erzbischof Stephan Zurbriggen, mit den Weihbischöfen Franz Scharl, Helmut Krätzl und rund 40 weiteren Priestern einen Gottesdienst, bei dem in acht Sprachen für Benedikt XVI., für den Nachfolger und dessen Wahl und alle Mitglieder der Kirche gebetet wurde. (…)

OR Nr. 18 vom 3. Mai 2013, S. 1
Kardinal Marx würdigt Impulse von Benedikt XVI.

München. Der Erzbischof von München und Freising, Reinhard Kardinal Marx, ist sicher, das der emeritierte Papst Benedikt XVI. der katholischen Kirche viele innovative Impulse hinterlassen hat. „Sein grosses Pontifikat wird mit seiner Lehre und Inspiration noch weit hinreichen in die Zukunft der Kirche“, erklärte der Kardinal in München. Benedikt XVI. sei ein Theologe, „der nie aufgehört hat, neugierig zu sein und zu staunen über die Möglichkeiten Gottes“. (…)

Kirche heute 20/2013 Mai, S. 2
Benedikt XVI. zurück im Vatikan.

Der emeritierte Papst hat nach neun Wochen in der päpstlichen Sommerresidenz in Castel Gandolfo seinen Alterssitz im Vatikan bezogen. Dieser ist 450 m2 gross und verfügt über eine Kapelle und eine Bibliothek. Benedikt hatte angekündigt, dort fortan ein Leben im stillen Gebet zu führen. Papst Franziskus empfing seinen Vorgänger, der mit dem Hubschrauber im Vatikan eintraf, vor dem ehemaligen Hotel „Mater Ecclesia“. Gerüchte über eine schwere Krankheit des emeritierten Papstes hat Vatikansprecher Federico Lombardi erneut dementiert.

OR Nr. 19 vom 10.05.2013, S. 3
Benedikt XVI. kehrte in den Vatikan zurück.

Mit inniger brüderlicher Herzlichkeit hat Papst Franziskus am Donnerstagnachmittag, 2. Mai 2013, Benedikt XVI. empfangen, der nach seinem Aufenthalt von über 2 Monaten in Castel Gandolfo in den Vatikan zurückgekehrt ist. Die Begegnung fand am Eingang des umgebauten →Klosters Mater Ecclesia statt, wo Benedikt XVI. bekanntlich wohnen wird. Verborgen vor der Öffentlichkeit haben sie nebeneinander kniend gemeinsam in der Klosterkapelle gebetet. – Begleitet von Erzbischof Georg Gänswein, Präfekt des Päpstlichen Hauses, wurde Benedikt XVI. bei seiner Ankunft am Hubschrauberplatz im Vatikan von Kardinal Angelo Sodano, Dekan des Kardinalskollegiums, von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone, und von Kardinal Giuseppe Bertello, Präsident des Governatorats sowie dessen Generalsekretär Bischof Giuseppe Sciacca, empfangen. Ebenso waren anwesend die Erzbischöfe Angelo Becciu, Substitut im Staatssekretariat, und Dominique Mamberti, Sekretär für die Beziehungen mit den Staaten.

Wie bekannt hatte sich Benedikt XVI. am Nachmittag des 28. Februar, dem letzten Tag seines Pontifikats, nach Castel Gandolfo begeben. Am 23. März hatte er Besuch von Papst Franziskus erhalten. Jetzt freue sich Benedikt XVI., in den Vatikan zurückzukehren, wie in einer Note des Pressebüros des Heiligen Stuhles zu lesen ist, und beabsichtige, wie er selbst am vergangenen 11. Februar angekündigt habe, sich dem Dienst an der Kirche vor allem im Gebet zu widmen. Wie vorgesehen, werden am neuen Wohnort auch Erzbischof Gänswein und die bisherigen 4 Haushälterinnen von der geistlichen Gemeinschaft „Memores Domini“ untergebracht sein, die in den letzten Jahren zur Päpstlichen Familie zählten.

Zwischen 1994 und 2012 lebten im Vatikankloster für jeweils einige Jahre 4 verschiedene Klausurorden: Klarissen, Unbeschuhte Karmelitinnen, Benediktinerinnen und Visitandinnen. Benedikt XVI. besuchte das Kloster zum ersten Mal im Jahre 2008. Damals bat er die Klausurschwestern, für ihn zu beten, denn das Kreuz des Papstes sei zuweilen schwer und allein nicht zu tragen.

Kirche heute 36/2013 August, S. 2
Benedikt XVI. über Rücktritt

In einem persönlichen Gespräch hat der emeritierte Papst Benedikt XVI. erstmals Hintergründe über seinen Amtsverzicht vor 6 Monaten dargelegt. „Gott hat es mir gesagt“, zitierte die spanische Ausgabe des Nachrichtendienstes „Zenit“ vergangene Woche einen anonymen Besucher Benedikts. Der zurückgetretene Papst empfängt nur sporadisch Gäste und hat bei diesen seltenen Gelegenheiten jegliche Aussagen nach aussen gemieden. Gemäss der anonymen Quelle sei seine Rücktrittsentscheidung keine Flucht vor der Welt gewesen, sondern „Flucht in Gott und in ein Leben von Liebe“.

OR Nr. 35 vom 30. August 2013, S. 4
Diese Woche im Vatikan kurz und bündig

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. hat einen Ausflug nach Castel Gandolfo unternommen. Gemeinsam mit seinen vier Haushälterinnen der Gemeinschaft „Memores Domini“ begab er sich für ca. 3 Stunden in die Päpstliche Sommerresidenz in den Albaner Bergen. Er habe dort einen Spaziergang im Garten gemacht, den Rosenkranz gebetet und ein Klavierkonzert mit klassischer Musik gehört, meldete Radio Vatikan. Benedikt XVI. lebt seit Mai zurückgezogen im ehemaligen Kloster „Mater Ecclesia“ in den vatikanischen Gärten.

Kath. Wochenzeitung 37/2013 September, S. 9
US-Amerikaner nach Begegnung mit Benedikt XVI. von Krebs geheilt?

Ein an Krebs erkrankter US-Amerikaner ist ein Jahr nach einer Begegnung mit Papst Benedikt XVI. von seiner Krankheit geheilt. Er möchte katholischer Priester werden. – Bei einem 17-jährigen US-Amerikaner verschwand nach einer Begegnung mit Benedikt XVI. ein aggressiver Krebs, berichtet der Nachrichtensender 9News. – Als Peter Srsich 17 Jahre alt war, wurde bei ihm eine aggressive Art von Krebs diagnostiziert. Auf dem Röntgenbild seiner Brust sei ein etwa 11 cm grosser Tumor zu sehen gewesen, erinnert sich Peters Mutter. Nach Auskunft der Ärzte habe es sich um ein „Non Hodgkin Lymphom“ im vierten Stadium gehandelt, sagte sie. In diesem fortgeschrittenen Stadium sind auch Organe betroffen, die nicht primär zum Lymphatischen System gehören. Über eine Stiftung, die schwerkranken Kindern und Jugendlichen Wünsche erfüllt, konnte Peter Papst Benedikt XVI. im Rahmen einer Audienz im Mai 2012 treffen. Die Bescheidenheit, mit der ihm der Heilige Vater begegnet sei, habe ihn tief bewegt, erinnerte sich Peter in einem Interview mit „9News“. Der Papst habe sich seine Geschichte angehört und ihn dann gesegnet. Dabei habe er seine Hand genau auf die Stelle gelegt, an welcher der Tumor war, obwohl ihm diese niemand gezeigt hatte. Ein Jahr später ist Peter vom Krebs geheilt. Er studiert an der von den Jesuiten getragenen „Regis University“ in Denver und möchte katholischer Priester werden.

HK, Erlebte Menschlichkeit, S. 574, Brief an die 5’000 Bischöfe
(…) Ich habe es sehr geschätzt, dass Papst Benedikt mich, seinen Kritiker, bald nach seinem Amtsantritt zu einem vier Stunden langen Gespräch einlud, das freundschaftlich verlief. Dies hat mir damals Hoffnung gemacht, dass Joseph Ratzinger, mein früherer Kollege an der Universität Tübingen, doch den Weg finden würde zur weiteren Erneuerung der Kirche und ökumenischen Verständigung im Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils. – Meine Hoffnungen und die so vieler engagierter Katholikinnen und Katholiken wurden leider nicht erfüllt, und ich habe dies Papst Benedikt in unserer Korrespondenz auch verschiedentlich wissen lassen. Er hat zweifellos seine alltäglichen päpstlichen Pflichten gewissenhaft erfüllt und uns auch 3 hilfreiche Enzykliken über Glaube, Hoffnung und Liebe geschenkt. Aber was die grossen Herausforderungen unserer Zeit betrifft, so stellt sich sein Pontifikat zunehmend als einer der verpassten Gelegenheiten und nicht der genutzten Chancen dar:

  • Vertan die Annäherungen an die evangelischen Kirchen: sie seien überhaupt keine Kirchen im eigentlichen Sinne, deshalb keine Anerkennung ihrer Ämter und keine gemeinsamen Abendmahlsfeiern möglich.
  • Vertan eine nachhaltige Verständigung mit den Juden: Der Papst führt eine vorkonziliare Fürbitte für die Erleuchtung der Juden wieder ein und nimmt notorisch antisemitische schismatische Bischöfe in die Kirche auf, betreibt die Seligsprechung Pius‘ XII. und nimmt das Judentum nur als historische Wurzel des Christentums und nicht als fortbestehende Glaubensgemeinschaft mit eigenem Heilsweg ernst.. Empörung von Juden weltweit über Benedikts Hausprediger in der päpstlichen Karfreitagsliturgie, der Kritik am Papst mit antisemitischer Hetze vergleicht.
  • Vertan der vertrauensvolle Dialog mit den Muslimen: Symptomatisch Benedikts Regensburger Rede, in der er, schlecht beraten, den Islam als Religion der Gewalt und Unmenschlichkeit karikiert (kritisch dargestellt) und damit anhaltendes Misstrauen unter Muslimen bewirkt.
  • Vertan die Versöhnung mit den kolonisierten Urvölkern Lateinamerikas: Der Papst behauptet allen Ernstes, sie hätten die Religion ihrer europäischen Eroberer „ersehnt“.
  • Vertan die Chance, den afrikanischen Völkern zu helfen: im Kampf  gegen Überbevölkerung durch Bejahung der Empfängnisverhütung und im Kampf gegen AIDS durch Erlaubnis von Kondomen.
  • Vertan die Chance, mit den modernen Wissenschaften Frieden zu schliessen: durch unzweideutige Anerkennung der Evolutionstheorie und differenzierte Bejahung neuer Forschungsgebiete wie Stammzellenforschung.
  • Vertan die Chance, dem Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils endlich auch im Vatikan zum Kompass der katholischen Kirche zu machen und ihre Reformen voranzutreiben. Der letzte Punkt, verehrte Bischöfe, ist besonders schwerwiegend. Immer wieder relativiert  (einschränken)  dieser Papst die Konzilstexte und interpretiert (darstellen) sie gegen den Geist der Konzilsväter nach rückwärts. Er stellt sich sogar ausdrücklich gegen das Ökumenische Konzil, das nach katholischem Kirchenrecht die höchste Autorität in der katholischen Kirche darstellt:
  • Er hat ausserhalb der katholischen Kirche illegal ordinierte Bischöfe der traditionalistischen Pius-Bruderschaft, die das Konzil in zentralen Punkten ablehnen, ohne Vorbedingungen in die Kirche aufgenommen.
  • Er fördert mit allen Mitteln die mittelalterliche Tridentinische Messe und feiert selber die Eucharistiefeier gelegentlich auf Latein mit dem Rücken zum Volk.

Er realisiert nicht die in offiziellen ökumenischen Dokumenten (ARCIC) vorgezeichnete Verständigung mit der Anglikanischen Kirche, sonders versucht, verheiratete anglikanische Geistliche durch Verzicht auf die Zölibatsverpflichtung in die römisch-katholische zu locken.

Er hat durch Ernennung antikonziliarer Chefbeamter (Staatssekretariat, Liturgiekongregation u. a.) und reaktionärer Bischöfe in aller Welt die antikonziliaren Kräfte in der Kirche gestärkt.

Papst Benedikt XVI. scheint sich zunehmend von der grossen Mehrheit des Kirchenvolkes zu entfernen, das sich ohnehin immer weniger um Rom kümmert und sich bestenfalls noch mit der Ortsgemeinde und Ortsbischof identifiziert. (…)
Neue Zürcher Zeitung vom 01.02.2023, S. 31: Nach Manfred Lück soll Prof. Hans Küng an wenigen Konzilstexten mitgewirkt haben.

HK, Erlebte Menschlichkeit, S. 549
Die Wahl Joseph Ratzingers 2005 – eine Riesenenttäuschung

Alte Riten können auch in modernen Zeiten ihren Reiz haben, besonders wenn sie als Weltereignis medial verbreitet werden. Die Papstwahl erfolgt in der Cappella Sixtina, deren Kamin anzeigt: schwarzer Rauch (aus verbrannten Stimmzetteln und Moos): keine Entscheidung. Weisser Rauch: Papst gewählt. Schon der erste Wahlgang ergibt für Ratzinger 47 Stimmen, für den Jesuiten und Erzbischof von Buenos Aires Bergoglio zehn, für Kardinal Martini von Mailand (der Kandidat vieler Reformkräfte) neun, für den konservativen Ruini sechs, und den früheren Kardinalstaatssekretär Sodano vier. Im dritten Wahlgang erhält Ratzinger 72 Stimmen, Bergoglio 40. Doch da platzt eine Bombe: Bergoglio erklärt (aus eigenem Antrieb?), er würde die Wahl nicht annehmen. Damit ist im Grunde die Entscheidung gefallen. Im vierten Wahlgang bricht die Sperrminorität von einem Drittel, auf die wir unsere Hoffnung gesetzt hatten, mangels eines Kandidaten zusammen, und Ratzinger wird mit 84 von 115 Stimmen gewählt. Immerhin haben 31 gegen ihn gestimmt. (…)

HK, Erlebte Menschlichkeit, S.  661
Unerwarteter Papstrücktritt (..)

Dass Joseph Ratzinger zu einem Verzicht auf das Amt fähig wäre, habe ich persönlich nie bezweifelt. Er ist ein Mann von grossem Pflichtbewusstsein und Verantwortungsgefühl. Er hat auch auf diesen Fall schon früher in einem Gespräch mit einem Journalisten angespielt. aber völlig überrascht hat auch mich der Zeitpunkt der Rücktrittserklärung: am 11. Februar 2013 – ausgerechnet am deutschen Rosenmontag, was viele bei uns deshalb zunächst als einen Faschingsscherz auffassen! Aber Ratzinger begründete seinen Rücktritt ernsthaft mit seinen abnehmenden Kräften, die es ihm nicht mehr gestatten würden, diese Verantwortung zu tragen. – Ich kann mich nur zu gut in seine Situation hineinfühlen. Er stand, wie berichtet, unter zunehmender Kritik wegen seines „Pleiten-, Pech- und Pannenpontifikats“. Unter zunehmender Belastung leidet er wegen der sich ständig noch ausbreitenden Missbrauchsskandale, zu deren Vertuschung er als Kardinal mit seinem Brief an die Bischöfe (Mai 2001) gesorgt hat. Dazu kommt 2012 die „Vatileaks“-Affäre, welche die Kurie als einen Platz der Machtkämpfe, Intrigen und Sexskandale zeigt. Parallel zum öffentlichen Prozess im Vatikan gegen den Kammerdiener Paolo Gabriele, der vertrauliche Dokumente vom päpstlichen Schreibtisch entwendet und herausgegeben hatte, gab Papst Benedikt zur Aufdeckung der Hintergründe und Hintermänner drei Kardinälen den Auftrag, für ihn einen Geheimbericht auszuarbeiten, der ihm offensichtlich noch vor Weihnachten 2012 vorgelegt worden war. Dieser Bericht ist bisher nicht veröffentlicht, doch ist anzunehmen, dass der Papst bei seiner Lektüre in Abgründe sehen musste. Jedenfalls habe ich volles Verständnis dafür, dass er unter diesen Umständen nicht mehr mit all diesen Leuten zusammenarbeiten will und kann und daher seinen Rücktritt schon für den 28. Februar 2013 bekannt gibt. – So habe sich dem mutigen Entschluss von Joseph Ratzinger in aller Öffentlichkeit volle Anerkennung gezollt. Mit scheint es lobenswert, dass er nicht dem Beispiel seines Vorgängers Karol Wojtyla gefolgt ist, der sein Leiden und Sterben öffentlich, sogar für die Medien, zelebriert hatte, aber zumindest die letzten Monate völlig unfähig war, sein Amt noch auszuüben; faktisch hatte viele Dinge im Vatikan sein polnischer Privatsekretär Stanislav Dziwisz entschieden.

Hans Küng, Sieben Päpste, S. 308

Der Theologiepapst Josef Ratzinger steht in zunehmender Kritik wegen seines „Pleiten-, Pech- und Pannenpontifikats“. Er leidet zunächst wegen der sich ständig noch ausbreitenden Missbrauchsskandale, zu deren Vertuschung er als Kardinal mit seinem Brief an die Bischöfe (Mai 2001) gesorgt hatte. Dazu kommt nun aber 2012 die „Vatileaks“-Affäre, die Veröffentlichung einer Fülle von vertraulichen Dokumenten, welche die Kurie als einen Ort der Machtkämpfe, Vetternwirtschaft, Intrigen und Sexskandale zeigen.

S. 309: Parallel zum öffentlichen Prozess im Vatikan gegen seinen Kammerdiener gab Papst Benedikt zur Aufdeckung der Hintergründe und Hintermänner 3 Kardinälen den Auftrag, für ihn einen Geheimbericht auszuarbeiten, der ihm offensichtlich noch vor Weihnachten 2012 vorgelegt worden war. Dieser Bericht ist bisher nicht veröffentlicht, doch musste der Papst bei seiner Lektüre wohl in Abgründe sehen.

S. 309: Der mehrfach ausgezeichnete Journalist Antony Thomas erarbeitete sich Zugang zu Insidern im Vatikan und erzählt aus der Perspektive von Beteiligten die Turbulenzen in Benedikts Pontifikat. Besonders schockierend wirkt hier der ambivalente (zwiespältige) Umgang des Vatikans mit Homosexualität: Einerseits die schroffe Ablehnung von Homosexuellen im Klerus, andererseits die geheime Duldung von Partys schwuler Kleriker in Rom (vergleiche die TV-Dokumentation „Die Vatikanverschwörung“ in Phoenix/SWR März 2015; Enthüllungen mit verdeckter Kamera). Man fragt sich: Was wird der Papst in dieser Situation tun?

S. 311: Bedenklich erscheint mir, dass Joseph Ratzinger als „emeritierter Papst“ sich nicht in seine bayerische Heimat oder an einen schönen Ort in Italien zurückzieht, sondern künftig mitten im Machtzentrum Vatikan, unmittelbar neben dem Apostolischen Palast, Residenz nimmt (WA: rund 400 m vom Palast entfernt). Und dies nicht in einem Kloster  wie man fälschlicherweise verbreitet, sondern in einer hübschen vielräumigen Residenz ausgebauten ehemaligen Kloster (WA: Einfamilienhaus gross. Siehe unter „Kloster Mater Ecclesiae im Vatikan“), wo er sich wie bisher von 4 Schwestern eines italienischen Laienordens betreuen lässt und wo ihm vor allem auch sein bisheriger Sekretär Georg Gänswein (siehe unter „Gänswein“) zur Verfügung steht. Ob das klug ist und bei Streitfragen nicht zu Polarisierungen in Kurie und Kirche führt, wird die Zukunft zeigen. – Jedenfalls warne ich in einem „Spiegel“-Gespräch (18.02.2013) vor einem Schattenpapst, der zwar abgedankt und seinem Nachfolger „absoluten Gehorsam“ versprochen hat, aber indirekt weiter Einfluss nehmen kann und will. Denn dass er vorher noch rechtzeitig seinen Sekretär, zum Unwillen vieler Kurialen, zum Erzbischof geweiht und ihn zu guter Letzt sogar noch zum Präfekten des Apostolischen Palastes mit weitreichenden Vollmachten ernannt hat, finde ich für die Zukunft beunruhigend. Dies erscheint auch in der Kurie manchen als Nepotismus (Vetternwirtschaft) neuer Art. Aber noch mehr beunruhigt viele die Ernennung des reaktionären (nicht fortschrittlichen)  Bischofs von Regensburg und Herausgebers seines theologischen Nachlasses, Gerhard Ludwig Müller, zum Chef der Glaubenskongregation. Deshalb die grosse Frage, die nicht nur in Rom diskutiert wird: Wie kann und soll der zu wählende Nachfolger mit dieser vertrackten Situation fertigwerden?

→ab jetzt siehe: Benedikt XVI. unter Buchsttabe B, "Bap-Be"

Bonifatius VIII.
Caetani B.
1294-1303
aus Anagni

Er hielt sich eine verheiratete Frau und deren Tochter gleichzeitig als Mätressen und wurde zur Strafe von Dante in den untersten Kreis der Hölle verbannt.

HK: Mit ihm das Ende der päpstlichen Weltmacht. Er erklärte in seiner ersten wichtigen Bulle „Clericis laicos infestos („Die Laien den Klerikern feindlich gesinnt“) die Besteuerung des Klerus zum alleinigen Recht des Papstes, bedrohte Frankreich und England mit dem Kirchenbann, inszenierte im Jahre 1300 pompös das erste „Heilige Jahr“ mit Jubiläumsablass und reichen Einnahmen für die immer mehr Geld verschlingende Kurie. Im folgenden Jahr provozierte er einen Konflikt mit dem französischen König Philipp IV. dem Schönen und proklamierte dann in der Bulle „Unam Sanctam“ die schroffste Formulierung der römischen Lehre von der übergeordneten geistlichen Gewalt und definierte den Gehorsam gegenüber dem Papst „für jegliche menschliche Kreatur“.

Alb S. 138: Bonifatius versuchte, die Stellung der Colonna zu vernichten.
S. 133: Bonifatius schreibt man die zweite Krone der päpstlichen Tiara zu.

Wikipedia: Bonifatius VIII. war versierter Jurist verbot die Verstückelung oder Kochen von Leichen. Das erste Heilige Jahr eröffnete er bei strömendem Regen. Am 7. September 1303 erfolgte in Anagni ein Attentat auf ihn:

(siehe vorherige Papstgeschichte bei Urban VI. von Klaus Schelle, Das Konstanzer Konzil, S.10/11)
Bonifaz war krankhaft geldgierig. Das auf 1390 angesetzte Jubeljahr brachte Scharen von Pilgern aus Deutschland, Polen, Ungarn und Böhmen nach Rom; alle liessen Geld da. Der Papst verschacherte jedes Kirchenamt um Geld, selbst für die kleinste Bittschrift musste gezahlt werden. Während Bonifaz zunächst unangefochten in Rom regierte, starb 1394 der Gegenpapst Clemens VII. (siehe dort). Die dortigen Kardinäle, natürlich mehrheitlich Franzosen, wählten den aus aragonesischem Hochadel stammenden Pedro de Luna als Benedikt XIII. zum Papst (siehe dort). – Die breite Menge der Christenheit hatte sich allmählich Diözesen auch 2 Bischöfe gab. Aber unter den Kirchenfürsten und vor allem an der in Kirchenfragen damals führenden Pariser Universität fanden sich immer wieder Kräfte, die auf eine Beseitigung der Kirchenspaltung hinwirkten. Die dabei verwendeten Mittel waren freilich zuweilen merkwürdig. Als  1404 der römische Papst Bonifaz IX. das Zeitliche segnete und sein Nachfolger (Innozenz VII. Neapolitaner, 1404-06) nach nur 2-jähriger, von wahnwitzigen Bluttaten erfüllter Regierung starb, schworen die Kardinäle im Konklave, dass jeder von ihnen, wenn er Papst würde, wegen der Union unterhandeln und aus Rücksicht auf sie die Tiara niederlegen wolle. (Siehe jetzt „Gregor VII.“)

Clemens II.
aus Sachsen
1046-47,
Suitger von
Morsleben und
Horneburg

Wurde vergiftet, ebenso sein Nachfolger Damasus II.
Alb S. 97: Clemens wurde am Ende des Jahres 1046 von Kaiser Heinrich III. zum Papst gewählt. Clemens begann sofort eine Reformkampagne, starb aber schon im Oktober 1047. Clemens, siehe auch unter Klemens

Clemens VI.
Pierre Roger
1342-52,
Franzose 

Petrarca nannte ihn einen „kirchlichen Dionysos“ (griechischer Gott des Weines, der Freude, der Trauben, des Rausches, der Fruchtbarkeit, des Wahnsinns und der Ekstase), der „in einer Flut obszönster Vergnügungen schwamm“- aber zugleich ein hoch effizientes Papsttum aufbaute. 

Alb S. 128: Der Papstpalast in Avignon wurde unter Benedikt XII. (1334-42) begonnen und unter Clemens VI. weitergebaut.

(siehe vorgängige Papstgeschichte  unter „Urban VI.“; K. Schelle, Konzil von Konstanz, S. 10)

Clemens VII.
Robert von Genf, 1378-94, Obedienz
(Zugehörigkeit) von Avignon, Gegenpapst

Urban VI. war undiplomatisch, er  behandelte die Kardinäle schlecht und kündigte neue Kardinalsernennungen an. Das führte dazu, dass die unzufriedenen, vor allem aber die französischen Kardinäle, abzogen und am 20. September 1378 in Fondi den hinkenden, schielenden Kardinal von Genf als Clemens VII. wählten. Robert von Genf mochte als Schlächter von Cesena, wo er 4’000 Menschen hatte umbringen lassen, wenig liebenswert sein. Aber er hatte seine Vorzüge; er war nicht Franzose, sondern der Sohn des Savoyer Grafen Amadeus, er war ein guter General und Diplomat, er beherrschte 4 Sprachen. – Nun war die Kirchenspaltung endgültig vollzogen. Clemens‘ Partei bestand aus Frankreich, Neapel (wo derzeit die französischen Anjou herrschten), Savoyen, später Spanien und Schottland. Das Reich (mit Ausnahme des Habsburgers Leopold III. von Österreich) und das übrige Abendland folgten Urban (römische Obedienz). Die Obedienz, wie man die Zugehörigkeit zu einem der Päpste nannte, sollte sich übrigens im Zeitablauf der Kirchenspaltung mehrmals ändern. – Vorläufig lieferten sich erst einmal beide Päpste (Urban VI. und Clemens VII.) vor Rom eine Schlacht, wobei Urbans Mordbrenner die Oberhand behielten. Nachdem auch die 75 Bretonen, die für seinen Gegner die Engelsburg hielten, kapitulierten, war Urban im Besitz des Vatikans. Clemens zog von Anagni nach Gaeta, dann nach Neapel. Aber die Napolitaner hassten den Genfer als „Ultramontanen“ (Er war zu streng päpstlich gesinnt.). Er musste Italien räumen. Von 5 französischen Kardinälen begrüsst, zog er, die Tiara auf dem Haupt, in Avignon ein. - Clemens VII. starb als Gegenpapst in Avignon im Jahre 1394.

Clemens VIII.  1592-1605
Ippolito Aldobrandini

Klaus Schelle, Das Konstanzer Konzil, S. 84
Kurz vor seinem Tode ernannte Pedro de Luna (Benedikt XIII.) noch 4 neue Kardinäle aus dem Kreis seiner Umgebung. Sie mussten einen feierlich Eid leisten, ihrerseits den neuen Papst zu wählen. Nun waren sich aber die 4 nach Pedro de Lunas Tod nicht einig. Einer der 4 benediktinischen Kardinäle reiste ab und ging nach Languedoc, wo er noch Anhänger der benediktinischen Linie wusste. Die 3 anderen Kardinäle wählten Gil Sanchez Munoz als Clemens VIII. zum Papst. Der König von Aragon versicherte ihn seines Wohlwollens, sicher nicht aus Frömmigkeit, sondern weil man nie wissen konnte, ob man diesen Clemens nicht irgendwie noch werde politisch verwerten können. 12 Jahre nach der Wahl Martin V. (siehe dort) gab Clemens VIII. auf. Was sollte er auf dem Felsennest Peniscola? Er rief die 3 Kardinäle zusammen, die ihn gewählt hatten, und wählte seinerseits den regierenden Papst Martin V., der er sich damit unterwarf. Sicher sind irgendwelche Verhandlungen vorausgegangen, denn er erhielt das Bistum Mallorca, und dort wurde ihm nach seinem Tod in Palma de Mallorca ein grossartiges Grabdenkmal gesetzt. – Damit war aber die benediktinische Linie immer noch nicht zu Ende. Der vierte der Kardinäle, Jean Carrier, der sich unter den Schutz des Grafen Armagnac begeben hatte, wählte 1425 den Domkustos Bernard Garnier von Rodez, der sich Benedikt XIV. nannte (nicht im Papstregister bei Albatros, die illustrierte Geschichte der Päpste).

Clemens IX.
1667-69
Giulio Rospigliosi

OR Nr. 39 vom 28.09.2012, S. 5: Clemens IX. zeichnete sich, im Gegensatz zu seinem Vorgänger Alexander VII., nicht durch eine rege Bautätigkeit aus. Die Aufgabe seines kurzen Pontifikates sah er eher in einer Neuordnung der Finanzen.

Clemens XIII.
Rezzonico C. 1758-69 Venezianer

→Benedikt XIV.

Clemens XIV.
Ganganelli G.
1769-74
aus
Sant’Arcangelo
(Rimini)

Autopsie durchgeführt. Unterdrückte die Jesuiten. Hatte schreckliche Angst, vergiftet zu werden. Als er starb, zersetzte sich sein Körper so schnell, dass im Vatikan angenommen wurde, die Jesuiten hätten es tatsächlich geschafft. Man legte eine Maske über das Gesicht der Leiche, so fürchterlich sah es aus. (John Cornwell, Wie ein Dieb in der Nacht, Seite 37: Ab dem 9. Jahrhundert wurde das Vergiften der Päpste öfters erwähnt.)

OR: Clemens XIV. liebte das Reiten, schnelles, verwegenes und ungestümes Reiten, und das Billardspiel (Castel Gandolfo). Er galt als bescheiden, ruhig, fromm und sittenstreng. Grosse Einfachheit der Lebensweise. Einige Stürze beim Reiten, selbst bei der Inbesitznahme des Laterans (beim Marmertinischen Kerker). Hat am 21.07.1773 die Gesellschaft Jesu aufgehoben.

Alb S. 183: Clemens XIV. wurde am 19. Mai 1769 zum Papst gewählt nach einem Konklave, das sich seit Februar hingezogen hatte. Er verdankte seine Wahl der Tatsache, dass die Kardinäle, die die Bourbonen-Höfe von Frankreich, Spanien und Neapel repräsentierten, überzeugt waren, er würde den Jesuitenorden verbieten, während andere Kardinäle ebenso sicher glaubten, er werde das nicht tun. Es gehört zu den Tragödien in Ganganellis Leben, dass er beiden Gruppen Grund für ihre Meinungen gegeben hatte. Er lebte vor seiner Wahl zum Papst ein höchst erbauliches Leben als einfacher Bettelmönch – demütig, genügsam, mildtätig und den Studien ergeben.

S. 187: Antonio Canova schuf für diesen Papst ein prachtvolles Denkmal im Petersdom.

OR Nr. 31 vom 04.08.2023, S. 5, Päpstliche Reiterprozessionen, Ulrich Nersinger
Berühmte Stürze vom Ross

Berühmt ist der Sturz vom Pferd von Klemens' XIV. (1769-1774) bei seinem Ritt zur Besitzergreifung des Laterans. Als man vom Kapitol zum Campo Vaccino (heute Forum Romanum) herunterritt, begann, ungefähr auf der Höhe des Marmertinischen Kerkers, der Schimmel des Papstes durch die lauten Jubelrufe und das frenetische (leidenschaftliche, stürmische) Händeklatschen des Volkes zu scheuen. Den Konservatoren (Magistratenbeamten) der Stadt Rom, denen die Zügel auf diesem Abschnitt der Reitstrecke anvertraut waren, gelang es nicht, das päpstliche Pferd zu bändigen. Der Schimmel bäumte sich so hoch, dass der Heilige Vater zu Boden stürzte.
Die Szene muss dramatisch gewesen sein. Der Sturz des Papstes - Klemens fiel auf den Kopf - versetzte dessen Begleitung in Angst und Schrecken. Man befürchtete das Schlimmste. Panik drohte aufzukommen. Der Papst rettete die Situation. Fast ohne Hilfe stand er vom Boden auf. Seine ersten Worte sollen gewesen sein: "Das heisst, als Paulus, und nicht als Petrus vom Lateran Besitz zu nehmen."
Auch Klemens V. stürzte vom Ross.

Clemens, siehe auch unter Klemens

Coelestin V.
del Morrone
Pietro, 1294,
aus Molise,
heiliggespr.

Er könnte von seinem Nachfolger Bonifatius VIII. vergiftet worden sein, der ihn in einen Kerker werfen liess, nachdem er seine Abdankung betrieben hatte.

Alb S. 120: Der Papstkrönung widerstrebte er. Als Einsiedler hatte der einfache Bauer gelebt, bevor er als Kompromisskandidat nach über 2-jährigem Konklave gewählt wurde im Juli 1294. Da er für das Amt nicht geeignet war, dankte er im Dezember desselben Jahres freien Willens ab.

Alb S. 121: Während des Konzils in S. Maria Maggiore in Rom traf ein Brief eines Einsiedlers ein, mit Namen Pietro da Morrone, der die Kardinäle drängte, zum Wohl der Kirche zu einer raschen Entscheidung zu kommen. Man schlug ihn als Kompromisskandidaten vor, vielleicht zum Scherz, und er wurde zum Papst gewählt, auch wenn seine Voraussetzungen für dieses Amt sehr gering waren. Er war Analphabet, kam aus bäuerlicher Umgebung, und den Bauern mag sein Mangel an Intellektualismus zugesagt haben, aber seine Unkenntnis über die Vorgänge in der Kirche und seine mit naiven Derbheiten gepfefferte Sprache machten ihn kaum zum passenden Kandidaten für das Papstamt. In der Tat dauerte denn auch seine Amtszeit keine 6 Monate. Er stand unter dem Einfluss von König Karl II. von Neapel, dessen Schutz er sich unterstellt hatte und aus dessen Territorien er sich nie herauswagte. Als es immer schwieriger wurde, dem Papst nahezukommen, beschlossen die Kardinäle, es müsse etwas getan werden. Die Möglichkeit seiner Abdankung wurde erörtert und fand Zustimmung. Auf einem Kardinals-Konsistorium am 13. Dezember 1294 las Coelestin eine Rede vor, in der er auf das Papstamt verzichtete. Im Lesen legte er die päpstlichen Gewänder ab. (→Papstrücktritte)

GEOEPOCHE Nr. 10, S. 174:
Der Engelpapst Coelestin V. (1294)
Beginn und Ende seines Pontifikates sind eine Sensation: Nach einem Konklave von 27 Monaten einigen sich die Kardinäle am 5. Juli 1294 einstimmig auf einen Überraschungskandidaten. Denn der über 80 Jahre alte Pietro del Morrone, der als Coelestin V. den Papstthron besteigt, ist seit mehr als 50 Jahren Einsiedlermönch. Unklar ist aus heutiger Sicht, ob er gewählt wird, weil der König von Neapel, Karl II. von Anjou, ihn als Papst wünscht, oder ob Petros allgemein verbreiteter Ruf als Heiliger den Ausschlag gibt. Vielleicht hoffen einige Kardinäle, er werde als „Engelpapst“ die Kirche in ein neues Zeitalter führen – in jene Endphase der Heilsgeschichte, in der das Mönchstum die führende Rolle in der Kirche übernehmen soll.

Eine Erneuerung der Kirche gelingt Coelestin indes nicht. Politisch völlig unerfahren, gerät er schnell unter den Einfluss Karls II.: Coelestin setzt auf dessen Druck 12 neue Kardinäle ein, darunter 7 königstreue Franzosen. Der Papst bemerkt bald, dass seine Unerfahrenheit der Kirche gefährlich wird. Er berät sich mit rechtskundigen Kardinälen und erforscht sein Gewissen.

Dann beschliesst er am 13. Dezember 1294 zu tun, was vor und nach ihm kein legitimer Nachfolger Petri getan hat: Er dankt aus Gewissensgründen ab. Wohl aus Furcht vor einem Schisma lässt ihn sein Nachfolger, →Bonifaz VIII., in Haft nehmen, wo er 1296 stirbt. 1313 wird Coelestin heilig gesprochen.

Damasus II.
1048,
Poppo von Brixen   

Wurde vergiftet, obwohl es Hinweise gibt, dass er an Malaria gestorben sein könnte.

Eugen IV.
1383-1447,
Gabriele Conduolmer,
Venezinaner     

Im Konklave vor dem Basler Konzil waren 13 Kardinäle anwesend, davon 8 Italiener, 2 Franzosen, ein Spanier, ein Zypriot und der bekannte Engländer Henry de Beaufort. Sie entschieden sich für den Neffen Gregors XII., den 48-jährigen Venezianer Gabriele Conduolmer, der den Namen Eugen IV. annahm. Am Tage nach seiner Krönung, dem 12. März 1431, bestätigte der die Berufung des Basler Konzils. Es wurde am 23. Juli eröffnet. Erst langsam waren die Konzilsteilnehmer eingetroffen. Der Kardinallegat Cesarini, der noch an dem schmählichen fünften Kreuzzug gegen die Hussiten teilgenommen hatte, traf erst am 9. September ein. Schon bald wurde erkennbar, dass die sogenannte Konzilspartei die Papstpartei beträchtlich überwog. Man wollte vollenden, was in Konstanz versäumt worden war, zumal in Rom die Missstände sich noch eher vergrössert hatten. – Eugen IV. geriet bald in heftigen Streit mit dem Konzil, das schliesslich Felix V. zum Gegenpapst wählte. Eugen musste vorübergehend aus Rom nach Florenz fliehen. Auf dem Totenbett nahm er die Obedienz der Deutschen durch Vermittlung von Enea Silvio Piccolomini entgegen.

Franziskus
Jorge Mario Bergoglio
geb. 1936, von Buenos Aires

https://de.wikipedia.org/wiki/Franziskus

Zum Papst gewählt nach 5 Wahlgängen am 13. März 2013. Sein Grossvater wanderte einst aus dem italienischen Piemont aus. Jorge Mario Bergoglio ist zunächst Chemie-Techniker, bevor er sich fürs Priestertum und den Jesuitenorden entschied. Zunächst studierte er Philosophie und lehrte Literatur und Psychologie in kirchlichen Kollegien, bevor er Theologie studierte und Priester wurde. Er schlug eine Laufbahn in Seelsorge und zugleich in Lehre und Leitung von Ausbildungsinstitutionen ein. Vor 21 Jahren erst machte ihn Johannes Paul II. zum Weihbischof und später zum Erzbischof. Jetzt ist er im Land seiner Vorfahren gelandet.

Alle weiteren Beiträge unter:   
→Fk - Frauen2011, Franziskus
→Startseite: Schweizergarde: Geschichte der
    Päpstlichen Schweizergarde (Lebenslauf
    von Franziskus)

Formosus
aus Porto
891-96

Der Körper dieses Papstes wurde von einer Dissidentengruppe an seinem Hofe vergiftet, von seinem Nachfolger Stephan VII. exhumiert, sodann feierlich exkommuniziert, verstümmelt, durch die Strassen von Rom geschleift und schliesslich in den Tiber geworfen (John Cornwell, S. 38). →Tiber

HK, S. 82: Man denke nur an die schaurige Exhumierung des Papstes Formosus nach 9 Monaten zum Totengericht, in welchem ihm der Segens-Finger der rechten Hand abgehauen und sein Leichnam schliesslich in den Tiber geworfen wurde.

NZZ-Folio Nr. 4, April 1999, S.  15, von Urs Bruderer
Wie es damals in Rom zu und her gehen konnte, zeigt ein den Geruch von Verwesung verströmender Vorfall aus dem Jahr 897, der unter der Bezeichnung „Kadaversynode“ in die Geschichtsbücher einging. 9 Monate nach seinem Tod wurde der Leichnam des vorbildlichen Papstes Formosus auf Befehl seines ruchlosen Feindes und Nachfolgers Stephan VII. exhumiert (einen Leichnam ausgraben), in päpstliche Kleider gehüllt und unter fadenscheinigen Vorwänden vor ein Gericht gebracht. Ein Diakon stand neben dem roten Popanz (vermummte Schreckgestalt) und musste die an ihn gerichteten Fragen beantworten. Nach einem kurzen Prozess sprachen die Richter Formosus schuldig und erklärten seine Amtshandlungen für null und nichtig. Dann wurden dem bereits verwesenden Körper die 3 Schwurfinger der rechten Hand abgeschnitten, anschliessend schleifte man ihn durch die Stadt und warf ihn in den Tiber. Ein Einsiedler fand die angeschwemmte Leiche und beerdigte sie zum zweiten Mal. Die wohlverdiente Grabesruhe war Formosus immer noch nicht vergönnt: Seine Überreste wurden später noch einmal ausgegraben und in den Petersdom übergeführt.

Gregor VII.
Hildebrand
1073-85
Mönch
aus Tuszien
heiliggespr.

Unter ihm wurde schon ernsthaft überlegt, eine „Sex-Steuer“ (cullagium) von Priestern einzufordern, die eine Konkubine hielten. Die Reform wurde dann doch nicht eingeführt.

HK, S. 86: Päpstliche Macht- und Wahrheitsmonopol, Juridismus (Rechtsprechung) und Klerikalismus, institutionalisierte Sexual- und Frauenfeindlichkeit – alles wenn nötig mit Gewalt (Inquisition [Ketzergericht], Verbrennungen, Kriegen, Kreuzzügen) durchgesetzt: radikal und brutal wurde dieses neue System durchgekämpft von Papst Gregor VII. Als Mönch Hildebrand hatte er schon in all den Jahren zuvor als Archidiakon und päpstlicher Legat hinter den Kulissen und auf Synoden eine Schlüsselrolle gespielt. Von leidenschaftlicher Glaubensüberzeugung und diamantener Härte, scheute er als Papst keinen Widerstand, um das entwickelte römisch-katholische Paradigma III (mittelalterliche epochale Veränderungen) in der Form des römischen Systems mit allen Mitteln in die politische Praxis umzusetzen.

Er verstarb vereinsamt in der Verbannung.

S. 449: Erst seit dem machtbesessenen Gregor VII., dem früheren Mönch Hildebrand, im 11. Jahrhundert haben die Päpste nicht nur ihre äussere Macht und innerkirchliche Autorität, sondern auch ihre Titel ins Übermenschliche gesteigert
(dazu mehr: →Innozenz III.).

S. 458: Was aber allzu wenige wissen: Dieses heutige hierarchische Kirchenmodell ist gerade nicht das traditionell katholische. Es ist – natürlich in Rom schon im ersten Jahrtausend vorbereitet – im 11. Jahrhundert von jenem Papst Gregor VII. (Hildebrand) und den Männern der „gregorianischen Reform“ mit allen Mitteln der Exkommunikation, des Interdikts (Verbot kirchlicher Amtshandlungen als Strafmassnahme der kath. Kirchenbehörde) und der Inquisition (Ketzergericht im Mittelalter) vor allem gegen deutsche Kaiser und Theologen, gegen Episkopat und Klerus durchgesetzt worden. Und dies unter Inanspruchnahme massiver Fälschungen.

S. 498: Dort wollte ich (in Salerno) unbedingt einmal das Grab des unglückseligen, aber selig- und heiliggesprochenen Papstes Gregor VII. besuchen, der im 11. Jahrhundert das absolutistische Papsttum mit allen Mitteln erkämpft hat. Von den Truppen des von ihm gebannten Königs Heinrich IV. (Canossa) in der Engelsburg wochenlang belagert und von den in der Stadt plündernden Normannen befreit, starb dieser „heilige Satan“ (so sein Mitkardinal Petrus Damiani) in Salerno.

Jahresbericht 1961 der Päpstlichen Schweizergarde, S. 8:
31. Mai 1961: Ehrendienst in St. Peter am Sarge des Heiligen Papstes Gregor VII.
1. Juni 1961: Ehrendienst in St. Peter, von 08.00 bis 19.30 Uhr, je zwei Mann als Wache beim Sarg des heiligen Papstes Gregor VII.
2. Juni 1961: Ehrendienst in St. Peter, von 08.00 bis 19.30 Uhr, je zwei Mann als Wache beim Sarg des heiligen Papstes Gregor VII.
3. Juni 1961: Ehrendienst durch 5 Mann in St. Peter bei der Wegfahrt des Sarges des heiligen Gregors VII.
(WA: selbst zwei Stunden gestanden)

Alb S. 100 (mit Bild):
1077 fürchtete Gregor VII., Kaiser Heinrich IV. wolle ihn überfallen, und suchte Zuflucht in der Burg Canossa, die der Markgräfin Mathilde gehörte. Heinrich aber war gekommen, um sich dem Papst zu unterwerfen. Nachdem er 3 Tage lang im Schnee stand, nahm Gregor den Bann von ihm. Die Unterwerfung war jedoch nur ein politisches Manöver, 3 Jahre später wurde Heinrich wieder gebannt.

Alb S. 101: Unter den vielen hervorragenden Männern in der Umgebung Leos gab es einen von besonderen Fähigkeiten. Er hiess Hildebrand und wurde ausser der Tatsache, dass er trotz seines deutsch klingenden Namens Italiener war, möglicherweise Mönch in Rom. Er stand unter Gregor VI. in päpstlichen Diensten und ging mit ihm nach seiner Absetzung wegen Simonie (Kauf oder Verkauf von kirchlichen Ämtern) ins Exil. Leo IX. holte ihn aus der Zurückgezogenheit, und unter dem Nachfolger Leos stand er an der Spitze der päpstlichen Kanzlei – der Behörde, die die Kirche verwaltete. Bei der Wahl mindestens zweier Päpste hatte er die Hand im Spiel, und einer von ihnen, Nikolaus II. machte ihn zum Diakon.

Hildebrand war eine Ausnahme unter den Reformern. Im Gegensatz zu ihm waren sie in der Mehrheit Ausländer, die unter einer grossen Menge nicht reformfreudiger Italiener lebten; ihr Hauptproblem war das der Sicherheit. Zwei Dinge mussten getan werden. Es war nötig, dafür zu sorgen, dass Papstwahlen auf geordnete Weise durchgeführt werden konnten, und die Wählenden zu schützen. Robert Guiscard, der Normannenherzog, der nun Süditalien beherrschte, wurde Lehensmann nicht von Papst Nikolaus II. persönlich, sondern des heiligen Petrus. Das brachte körperliche Sicherheit für die Wahlmänner. Die andere Forderung wurde durch das Wahldekret von 1059 erfüllt. Noch andere Bestimmungen kamen von der Synode des Jahres 1059:

  • Auch Bischöfe können Papst werden
  • Laien wurde verboten, an Messen teilzunehmen, die im Konkubinat lebende Priester abhielten
  • Kardinal-Bischöfe hatten einen Papstkandidaten zu nominieren, die geringere Kardinäle zustimmen und Klerus und Volk von Rom akzeptieren müssten
  • Der Kaiser sollte nur noch ein formales Zustimmungsrecht haben
  • Die Papstwahl musste in Rom stattfinden. Wenn sich aber die Stadt als nicht sicher erwies, konnte sie überall stattfinden

Hildebrand war zweifellos eine der treibenden Kräfte des Dekretes, aber 1073 wurde es nicht befolgt. Hildebrand wurde Papst durch Akklamation des Volkes von Rom. Er nahm die Wahl an und nannte sich Gregor VII. Der neue Papst war keine vornehme Erscheinung: kurz gewachsen, ohne würdevolles Benehmen, mit schwacher Stimme begabt. Am 25. Mai 1085 starb er in Salerno. „Ich habe Rechtschaffenheit geliebt und Schlechtigkeit gehasst“, sagte er auf dem Sterbebett, „deshalb sterbe ich in der Verbannung.“ Er war teilweise das Opfer seiner eigenen politischen Unfähigkeit, die ihn dazu brachte, sich an zwei Fronten Feinde zu schaffen, teilweise aber auch seines Eifers für die Ideale, an die er glaubte.

Spiegel 2023 Geschichte. Im Namen Gottes, S. 58, Frank Patalong
Zwar mahnte auch Papst Gregor VII. in seiner Amtszeit von 1073-1085 Mönche und Klerus zu mehr Askese (enthaltsame Lebensweise). Doch seine halbherzigen umgesetzten Reformen befeuerten die Gegenbewegungen sogar noch. Denn die Kirchengegner setzten weit konsequenter um, was der Klerus als richtig nur propagierte, aber weiterhin nicht vorlebte.

Gregor IX.
von Segni
1227-41
aus Anagni. 

HK S. 221: Entscheidenden Einfluss auf die Entstehung der Inquisition (Ketzergericht) hatte einerseits Kaiser Friedrich II., der in seinen Krönungsedikten als Strafmass für Ketzerei den Tod auf dem Scheiterhaufen festlegte. Andererseits Papst Gregor IX., Neffe von Innozenz III., der durch eine Konstitution die bisher vor allem von Ortsbischöfen organisierte Ketzerbekämpfung an sich zog und für die Aufspürung der Ketzer päpstliche Inquisitoren vor allem aus den mobilen Bettelorden ernannte. Die universale und effektivere päpstliche Inquisition als Entlastung, Ergänzung und Intensivierung der (schon im Frühmittelalter geübten) bischöflichen Inquisition.

Spiegel Geschichte 3/2023, Inquisition, S. 15, Frederik Seeler
(...) Ein Brief vom Papst, das kam nicht alle Tage vor (an Konrad von Marburg). Der Prediger Konrad von Marburg muss  aufgeregt sein, als er das päpstliche Siegel aufbrach. Es war spät im Jahr 1231. Konrad sass wohl in seiner Schreibstube in Marburg. "Dem geliebten Sohne Magister Konrad", schrieb Papst  Gregor IX. und schmeichelte: "Von Dir wird Glorreiches erzählt", der Schöpfer habe ihn zu seinem wohlgefälligen Kinde auserlesen.
Sodann  kam Gregor zur Sache. In ganz Deutschland seien die Städte, Burgen und Dörfer voll von Ketzern (Personen, die eine andere kirchliche Meinung vertreten). Er, Konrad, solle diese Füchse im Weinberg des Herrn finden - und ausrotten. Dazu erteilte ihm der Papst beispiellose Vollmachten: "Gehe vor, wie Du glaubst." Konrad sollte selber ermitteln, verhaften, richten  und sich nach Belieben Truppen zur  Hilfe nehmen. Er erhalte die "volle Gewalt", schrieb  der Papst. 
Mit diesen Zeiten von Gregor IX. begann vor gut 800 Jahren das Zeitalter der päpstlichen Inquisition (die grausamen Untersuchungsmethoden und Hinrichtungen der katholischen Kitche) in Deutschland. Konrad, ein Asket und Fanatiker, wurde zu ihrem ersten Vollstrecker. (...)

Spiegel 3/3023, Geschichte, Im Namen Gottes, S. 16, Inquisition, Frederik Seeler
Der neue Papst Gregor IX., Neffe von Innozenz und ab 1227 auf dem Heiligen Stuhl, wollte Ketzer (WA: Personen, die offiziell von der Kirchenlehre abweichen) noch entschiedener verfolgen. Auf dem Konzil von Toulouse 1229 beschloss er, dass fortan spezielle Suchtrupps in jedem Ort nach Ketzern fahnden und sie den kirchlichen Behörden übergeben sollten. Doch die Bischöfe und ihre Gerichte, vor allem in Deutschland, arbeiteten dem Papst zu behäbig (zu schwerfällig). Gregor IX. entschloss sich, eigene Sonderkommandos auf Ketzerjagd zu schicken. 
Geständnisse als Arbeitsnachweis wurden an den Papst geschickt. 1233 veröffentlichte Gregor IX. Auszüge daraus in der Bulle "Vox in Rama", einer Art Informationsblatt über die Gebräuche der Luziferaner (WA: auf dem Pfad zur linken Hand), einer neuen Ketzergruppe, die der Papst entdeckt zu haben glaubte. Die Bulle berichtete über Aufnahmerituale der angeblichen Satanisten: Neue Mitglieder mussten demnach einen bleichen Mann auf den Mund, einen schwarzen Kater auf den Hintern und eine Kröte aufs Maul küssen, "wobei sie die Zunge und den Speichel des Tieres in ihren Mund nahmen". Der Papst schrieb: "Nach dem Kuss verschwand die Erinnerung an den katholischen Glauben vollständig aus ihren Herzen." Es folgte eine Orgie, bei der sich auch Männer mit Männern und Frauen mit Frauen in "gegenseitiger Lust" vergnügten.

S. 18: Die detailreiche Beschreibung sollte die Ketzerjagd weiter anfachen. Nicht nur predigten Ketzer  demnach falsch, sie hielten auch Teufelsdienste ab. Zwischen 1231 und 1233 ernannte Gregor IX. ein halbes Dutzend weiterer päpstlicher Inquisitoren, meist Dominikanermönche, die in Bayern und Frankreich nach Ketzern fahnden sollten. 

S. 19: Papst Gregor IX. allerdings war verärgert über den Tod seines Sonderermittlers Konrad von Marburg (ermordet). In Briefen  an den Erzbischof von Mainz und den Bischof von Hildesheim forderte er auf, die Mörder zu exkommunizieren. Konrad von Marburg bezeichnete er als "Diener des Lichts", als "Brautführer der Kiche" und "Spürhund des Herrn", der mit seinem Gebell die Wölfe erzittern lasse. Gregor befahl, den Kampf gegen die Ketzer schnellstmöglich wieder aufzunehmen.

S. 27 (Jürg Oberste): Das bezieht sich auf die Institution der päpstlichen Inquisition (das miserable Image). 1231 benannte Papst Gregor IX. erstmals Sonderbeauftragte, meist Dominikaner oder Franziskaner, die der neuen Prozessart gegen Ketzer vorgehen sollten. Damit entriss der Heilige Stuhl den örtlichen Bischöfen die Häretikerverfolgung (Ketzerverfolgung).

S. 30: Im Jahre 1230: Der Bremer Erzbischof erklärt die Stedinger (Einwohnerbezeichnung) in der Wesermarsch zu Häretikern. Papst Gregor IX. billigt später einen Ketzerkreuzzug.

S. 97: "Lügensack, Ketzerhure,Teufelskopp, Fiona Ehlers
Das schwerwiegende Delikt der Hexerei wurde erst im 15. Jahrhundert erfunden. Im Jahre 1419 tauchte der Begriff "Hexe" erstmalig in einem deutschsprachigen Gerichtstext in Luzern auf. Die Verfolgung begann in den Tälern  der Westalpen, im Grenzgebiet zwischen Frankreich, der Schweiz und Italien um den Genfersee herum.
Warum ausgerechnet dort? Weil es in den abgelegenen Dörfern ländlich und abergläubisch zuging, das auch. Vor allem aber, weil dort und in der Umgebung bereits seit Jahrzehnten die Inquisition (Einrichtung der katholischen Kirche, mit grosser Härte und grausamen Untersuchungsmethoden gegen Abtrünnige, Ketzer  vorgehendes Gericht) gegen die Ketzerbewegungen der Waldenser (Laiengruppe, die ein urchristliches Gemeinschaftsleben in Armut anstrebt) und Katharer (streng sektirische Sekte des Mittelalters) wütete. Die Hexenverfolgung knüpfte an die Ketzerverfolgung an - das eine, davon geht die Forschung aus, hätte es ohne das andere nicht gegeben.
Schon Konrad von Marburg, der päpstliche Inquisitor im Deutschland des frühen 13. Jahrhunderts, hatte Papst Gregor IX. von Ketzerritualen mit Kröten, schwarzen Katern und Sex berichtet. Vieles davon griffen die Hetzenjäger später auf.

Spiegel 3/2023 Geschichte. Im Namen Gottes. S. 112, Das sonderbare Nachleben der Stedinger, Solveig Grothe
Instrumentalisierung. Im 13. Jahrhundert rief der Papst zum Kreuzzug gegen ketzerische Bauern in der Wesermarsch (Niedersachsen/D) auf. Diese Geschichte inspirierte revolutionäre 1848er wie auch DDR-Propogandisten - und vor allem die Nazis. (...)
Gerhard II. brachte Kaiser Friedrich dazu, sich für die Verfolgung auszusprechen; dann rief auch der anfangs zögerliche Papst Gregor IX. zum Kreuzzug gegen die Stedinger (Bauernaufstand in Stedingen/Wesermarsch) auf. Der Erfolg indes liess auf sich warten. Genügend Kreuzfahrer fanden sich erst, nachdem Gregor eine weitere Bulle nach Bremen gesandt hatte, die den vollen Ablass verhiess, ähnlich wie bei Kreuzzügen ins Heilige Land.
Gerhard II., Erzbischof von Bremen: "Die Stedinger sind für Ketzer zu erachten und zu verdammen."

Gregor X.
Teobaldo Visconti
1271-1276, Italiener   

Krüger/Wallraff, Luthers Rom, S. 29
Mehrere Päpste (vor allem französischer Herkunft) haben Rom nie gesehen, sondern residierten im sicheren und angenehmen Viterbo, das bis heute von dieser Zeit des Mittelalters geprägt ist. So sicher und so angenehm lebte es sich in Viterbo, dass einige Papstwahlen dort schier kein Ende nehmen wollten: Fast 3 Jahre lang liessen sich die Kardinäle Zeit, um nach dem Tod von Clemens IV. im Jahre 1268 einen Nachfolger zu finden. Schliesslich verfiel man auf einen Kandidaten, der weder Kardinal noch Priester war, sich ausserdem viele Hundert Kilometer entfernt aufhielt, nämlich Teobaldo Visconti, der als Pilger im Heiligen Land weilte. Er wurde herbeigerufen, von der Wahl unterrichtet, zum Priester und zum Bischof geweiht (WA: Universi Dominici gregis vom 22.02.996 von J. P. II.: Heute muss einer zum Papst Gewählter bereits die Priesterweihe haben) und schliesslich als Gregor X. zum Papst gekrönt. Doch den Wahlmodus veränderte man nach diesem langen Verfahren derart, dass die Kardinäle schliesslich zur Wahl in Klausur gehen mussten und nicht herauskommen durften, bevor nicht ein Papst gewählt war. All dies ereignete sich in dem herrlichen gotischen Palast, der neben dem Dom S. Lorenzo zu sehen ist und einen weiten Blick über Latium erlaubt.

Die von der Kirche verurteilten Häretiker (Ketzer) sollten dem weltlichen Gericht übergeben werden – zur Bestrafung durch Feuertod oder wenigstens Abschneiden der Zunge. Die Laien aber sollten weder privat noch öffentlich über den Glauben diskutieren, sondern vielmehr alle der Häresie Verdächtigen denunzieren (brandmarken). Für die Entscheidung der Glaubensfragen war allein die kirchliche Obrigkeit zuständig, und die liess keine Gedanken- und Redefreiheit zu. →Innozenz IV.

Gregor XI. Franzose
1370-78 

K. Schelle, Das Konstanzer Konzil, S. 9
Dass sich Gregor XI. im September 1376 doch entschloss, den Sitz von Avignon nach Rom zurückzuverlegen, wird dem Einfluss der Caterina Benincasa von Siena zugeschrieben (WA: obwohl wirtschaftliche und politische Gegebenheiten Rom vermutlich mehr den Ausschlag gaben). Die Heilige Katharina von Siena muss eine bemerkenswerte und willensstarke junge Frau gewesen sein. Sie geisselte die Missstände in der Kirche. Einige Kardinäle nannte sie „Teufel in Menschengestalt“. – So traf also der Pontifex Anfang 1377 in Rom ein. Der Heilige Vater wieder in der Ewigen Stadt – der natürliche Zustand der Dinge schien wieder hergestellt. Weit gefehlt!  Gregor XI. wäre, italienischen Wirren zu entgehen, zweifellos wieder nach Avignon zurückgekehrt, hätte ihn nicht der Tod im März 1379 ereilt.
Siehe jetzt den Fortgang der Papstgeschichte bei „Urban VI.“.

Gregor XII.
1406-15, Venezianer,
römische Obedienz
(Folgschaft):
Angelo Correr

Klaus Schelle, Das Konzil von Konstanz, S. 11:
Als 1404 der römische Papst Bonifaz IX. das Zeitliche segnete und sein Nachfolger Innozenz VII. nach nur zweijähriger, von wahnwitzigen Bluttaten erfüllter Regierung starb, schworen die Kardinäle im Konklave, dass jeder von ihnen, wenn er Papst würde, wegen der Union unterhandeln und aus Rücksicht auf sie die Tiara niederlegen wolle. Der Kardinal von Aquileja deutete auf den bereits 80-jährigen Venezianer Angelo Correr und meinte: „Wie wär’s mit jenem Alten? Ist er doch ein altersschwacher Greis, der nicht mehr lange zu leben hat, so dass der Kirche bald wieder Friede und Eintracht geschenkt wird.“ So geschah es. Angelo Correr bestieg als Gregor XII. den Stuhl Petri. Er schrieb auch wirklich an Benedikt XIII. (Obedienz von Avignon), und beide verpflichteten sich, im September 1408 in Savona einen Kongress abzuhalten. Ob es einer von ihnen ehrlich meinte, ist zweifelhaft. Gedrängt von seinen geldgierigen Verwandten, hielt Gregor am Papstthron fest; immerhin ging er über Viterbo mit 8 Kardinälen nach Siena,, wo er die Boten Frankreichs und des Gegenpapstes traf. Aber die beiden Papst-Kontrahenten kamen nicht zu einer Einigung, sondern begnügten sich mit gegenseitigen Beschimpfungen. Ihr Stern war aber schon im Sinken. Der jungen König Ladislaus von Neapel nämlich hatte Rom erstürmt, und Gregor war so mittellos, dass er seine Tiara an einen Florentiner Wechsler verpfändete und kurzerhand Rom samt dem ganzen Kirchenstaat um die lächerliche Summe von 25’000 Goldgulden an den neapolitanischen König verkaufte. – Benedikt XIII. andererseits sah sich von seinem wichtigsten Protektor (Beschützer), dem französischen König, verlassen. Der König verbot im Januar 1408 durch Edikt (Erlass von Königen/Königinnen), einem der beiden Päpste Gehorsam zu leisten. Als Benedikt mit Exkommunikation drohte, erklärten ihn das Parlament von Paris und die Universität für abgesetzt. – Die Kardinäle beider Seiten hatten nun genug. Sie versammelten sich und schrieben zum 25. März 1409 ein Konzil von Pisa aus. Das Zauberwort „Konzil“ elektrisierte die Christenheit. Von einem Konzil erwartete man die Lösung der ganzen verfahrenen Situation. Es nützte den beiden Päpsten wenig, dass nun jeder von ihnen ein eigenes Konzil einberief. Die 23 „Pisaner“ Kardinäle erklärten im Juni 1409 sowohl Gregor XII. (römische Obedienz/Gehorsam/Folgschaft) als auch Benedikt XIII. (Obedienz von Avignon) als Schismatiker und Ketzer für gebannt und abgesetzt; ein erster grosser Sieg der konziliaren Theorie, dass eine Konzilsberufung nicht notwendig durch den Papst erfolgen müsse, weil die Kirche ihre Gewalt unmittelbar von Christus habe. – Die Kardinäle in Pisa verständigten sich nun auf einen Kompromiss-Kandidaten, den bereits 70-jährigen Kreter Petros Philargos, der sich als Papst Alexander V. nannte (Obedienz von Pisa). Nun gab es also 3 Päpste!
Gregor XII. überlebte seine Abdankung noch 2 Jahre. Er starb am 18. Oktober 1417 als Kardinalbischof von Porto in Recanati, wo er im Dom begraben liegt (siehe jetzt „Alexander V.“).

Gregor XIII.
Boncampagni
1572-85
aus Bologna

Gregorianischer Kalender: Auf Donnerstag, 04.10.1582 folgte Freitag, 15.10.1582. Das Jahr wird 365,2425 Tage lang. →Römisches Jahr. In seinem Grabmal im Petersdom rechts tragen eine lange Reihe von Gelehrten, Astronauten und Mönchen die Ergebnisse ihrer Berechnungen vor. Die Chinesen haben die Reform erst 1949 nachvollzogen, und die orthodoxen Kirchen rechnen bis heute nach dem alten, julianischen Kalender.

HK S. 118: Dieses partikular-konfessionelle Konzil (Trient 1545-63) stand ganz im Dienst der Rekatholisierung Europas. Und diese wurde, wo immer möglich, politisch, und, wo immer nötig, auch militärisch durchgesetzt. Diplomatischer Druck und militärische Intervention: Diese konfessionelle Strategie führte in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts in Europa zu einer wahren Flut von Gewalttaten, „Glaubenskämpfen“ und Religionskriegen. Welch ein Missbrauch von Glauben und Religion. In Italien und Spanien Unterdrückung der kleinen protestantischen Gruppen. In Frankreich 8 Bürgerkriege gegen die Hugenotten (die französischen Protestanten): in der Pariser Bartholomäusnacht 1572: Massenmord an 3’000 Protestanten und anschliessend rund 10’000 Ermordungen in der Provinz, was Gregor XIII., der Papst des verbesserten „Gregorianischen Kalenders“ (→Römisches Jahr), mit „Tedeum“ und Gedenkmünze feiern liess. In der Niederlanden Freiheitskampf der calvinistischen Niederländer gegen die spanische Schreckensherrschaft und ein sich aber 80 Jahre erstreckender spanisch-niederländischer Krieg. In Deutschland schliesslich der furchtbare 30-jährige Krieg (1618-48), der Deutschland zum Schlacht- und Trümmerfeld nicht nur für deutsche Katholiken und Protestanten, sondern auch für Dänen, Schweden und Franzosen machte. (Anschliessend regelte der Westfälische Friede von 1648 das Verhältnis beider Konfessionen [Katholiken und Lutheraner] und die Anerkennung der Reformierten.)

OR Nr. 32/33 vom 11.08.2023, S. 4
Sternwarte. Erstmals beauftragte 1582 Papst Gregor XIII. Angehörige des Jesuitenordens mit der Himmelsbeobachtung. Offiziell wurde die Sternwarte im Vatikan 1891 von Leo XIII. gegründet. Wegen der zunehmenden Lichtverschmutzung zog die Einrichtung in den 1930er Jahren von Rom nach Castel Gandolfo, etwa 30 Kilometer südöstlich des Vatikans um. (WA: dann nach Albano/I und 1993 nach Tuscon/USA auf 3'200 m. ü. M.)

Gregor XVI.
Cappellari
1831-46
aus Belluno

HK, Erkämpfte Freiheit, S. 549: Die Päpste des 19. Jahrhunderts haben die Religionsfreiheit ja wiederholt nicht nur scharf abgelehnt, sondern sie geradezu als „Pest“, „Delirium“ (Bewusstseinstrübung mit Sinnestäuschungen und Wahnideen) und verderbliches Produkt des modernen Zeitgeistes bezeichnet. –
OR 38/18.09.2015, S. 5: Gregors 15-jähriges Pontifikat ist gekennzeichnet durch eine unbeugsame Verteidigung der Unabhängigkeit der Kirche. – Als Papst Gregor XIV. 81-jährig am 1. Juni 1846 starb, fällt die Bewertung seines Pontifikats durch die Nachwelt höchst unterschiedlich aus. In der Tat hinterlässt Gregor eine Kirche, die zwar nach innen theologisch profiliert und im katholischen Glauben geschlossen ist, die aber nach aussen unversöhnt auf eine feindliche Moderne blickt. Verständnis zu finden für die politischen und gesellschaftlichen Veränderungen der neuen Zeit wird langwierige und bestimmende Aufgabe seiner Nachfolger sein.