Vereidigung der Gardisten der Päpstlichen Schweizergarde, alljährlich am 6. Mai
Liebe Leserin, lieber Leser!
Wenn Sie sich auf die Vereidigung der neueingetretenen Schweizergadisten mit begleitenden Anlässen im Vatikanstaat vorbereiten wollen, weil Sie dort auf Besuch sind oder die Absicht haben, die z. T. flüchtig kommentierten Fernsehübertragungen zu verfolgen ("Vatican News", k-tv, EWTN, Schweizergarde/livestream) oder Sie diese Tradition interessiert, kann Ihnen diese Abhandlung hilfreich sein. In 32 Mosaiksteinen (mit Links) stelle ich Ihnen diese Tage vertieft vor.
1. Fanfare
Es ist ein helltönendes, kurzes, freudiges Musikstück für Blechblas-Instrumente ohne Ventil mit Signalcharakter. Die Fanfaren wurden zuerst 1822 in der französischen Armee eingeführt (Clairon). 1939 hörte man sie in der Schweiz zum ersten Mal an der Landesausstellung in Zürich. -
Drei Bläser der Garde interpretieren zu Beginn der Vereidigung auf der kleinen Loggia des Damasuspalastes eine Fanfare: Die Vereidigungsfeier beginnt! Die Fanfare nennt sich "Fanfare der Päpstlichen Schweizergardisten", komponiert von Gardist Werner Aregger.
2. Trommler (Tambouren)- und Pfeifer-Gruppe
In der Schweizergarde findet man typische Basler Marschtrommeln. Sie wurden von der Basler Firma Schlebach erstellt. Material: Kessel, Druckreifen unten und oben, Felle oben und unten, Seile. Auf der Vorderseite sind die Trommeln mit dem Papstwappen versehen (Preis der Trommel: über Fr. 2‘000).
Der Pfeifer spielt mit dem Piccolo, eine kleine Bauform der Querflöte. Es ist ein Holzblasinstrument, auch aus Metall, ist normalerweise 25 bis 32 cm lang und hat einen Durchmesser von 1 cm.
Die Uniform-Farben der Garde-Trommler und -Pfeifer sind gelb, schwarz, blau. Die Feder allerdings nur in Gelb/Schwarz. Die Farben erinnern an das Wappen der Pfyffer von Altishofen, Mauense, Wyher und Heidegg (siehe Mosaik16). Diese Uniform wurde durch Oberst Heinrich Pfyffer von Altishofen eingeführt; erstmals getragen an der Vereidigung vom 6. Mai 1943.
Am Anfang des Vereidigungs-Piketts marschiert die Trommler- und Pfeifergruppe, klein aber fein. Die Komposition nennt sich "Kirchenmarsch". Ohne Pfeifer wird die Tambour-Ordonnanz der Schweizerischen Armee getrommelt.
3. Brustpanzer (Harnisch)
(aus dem Altnordischen: hernest – Heeresvorrat)
und der Morion (Helm) mit Feder
Die Brustpanzer sind von der Harnischschmiede Schmidberger, Molin/Ober-Österreich gefertigt worden. Sie bestehen aus reinem Stahlblech und sind 3 mm dick und unterliegen 1‘200 Grad Verarbeitungstemperatur. Die Vorlage stammt aus dem 16. Jahrhundert. Die Gardisten aus alter Zeit waren bis zu 30 cm kleiner als die heutigen Schweizer. Deshalb waren dringend neue Panzer in verschiedenen Grössen notwendig. - Der Offiziers-Brustpanzer wird nach historisch überlieferten Ornamenten (Verzierungen) erstellt. Sie werden per Hand auf die Brustpanzer aufgezeichnet und dann geätzt, vergoldet und gebläut, d. h. erhitzt. Die Goldauflage erstellt der Goldschmied. Es wurden 10 Panzer pro Jahr angefertigt, d. h., die Erstellung für einen Panzer benötigte rund einen Monat. Im Jahre 2018 war der Auftrag abgeschlossen, d. h., es wurden insgesamt 80 neue Brustpanzer angefertigt. Der Mannschafts-Panzer hat Kurzarmausführung (Kampfausführung). Der Offizierspanzer hingegen hat Langarme, dazu ein feuergeschweisstes bzw. vernietetes Netz mit kleinen Metallringen (Kettenausrüstung), das Stiche und Hiebe erschwert. Der neue Oberstpanzer nennt sich Prunkharnisch.
Pressemitteilung vom 15.11.2021: Die Panzer wiegen 7 kg. Der Feldweibel-Harnisch wurde als letzter von 83 Harnischen am 15.11.21 geliefert. Die Brustpanzer wurden innert 13 Jahren geliefert. Der Harnisch hat verschiedene Stahlteile, die über Lederriemen und Nieten verbunden sind. Die Harnisch-Garnitur besteht aus 5 Hauptteilen: Kragen, Brust, Rücken, 2 Armzeugen. Die Panzer wurden im 1. Jahrhundert in der römischen Armee Schienen- oder Gliederpanzer genannt.
Morion (Helm). Er ist ein offener Helmtypus ohne Visier und ist in der Schweizergarde mit hohem Helmkamm mit Feder versehen. Der Morion wurde bis zum 17. Jh. bei Pikenieren (schwere Infanteristen) verwendet, später vor allem bei Stadtwachen und Leibgarden. Bei der Schweizergarde wurden im Januar 2019 die schwarzen Morions aus Metall durch solche aus kratzfestem Kunststoff ersetzt, die im 3D-Druck in 14 Stunden je Stück gefertigt werden. Er bringt mehr Komfort für den Gardisten: Das ehemalige Blech ist im Sommer heiss, im Winter kalt und war rasch ramponiert. Der neue Helm trägt sich leicht. Der Helm in Schwarz wird zur Uniform und der in Weiss zum Harnisch und zu besonderen Festlichkeiten getragen.
Hochwertige Morions wurden aus einer einzigen Stahlplatte geschmiedet (vom Plattner) und oftmals aufwändig verziert. Alle Helme der Schweizergarde sind beidseits mit dem Familienwappen von Julius II. della Rovere (siehe Mosaik 14) versehen.
Feder. Die Straussenfeder wird mit einem speziellen Farbstoff benetzt, um die gewünschte Farbe zu erhalten. Bei Regen wird sie nicht getragen; die Farben könnten tropfen. Wer trägt welche Farbe? In Weiss der Kommandant und der Feldweibel, Offiziere in Dunkelrot, gelb-schwarz die Trommler- und Pfeifergruppe, das Rot für die übrige Mannschaft.
Das Anziehen des Panzers ist keine leichte Sache; es braucht ein oder zwei Kameraden, die mithelfen. Eine Kontrolle ist gewiss.
4. Hellebarde und Partisane aus dem 14. bis 16. Jahrhundert
In der Garde wird die Hellebarde vom Hellebardier getragen. Sie wird Hieb- oder Stichwaffe, auch Stangenwaffe des Fussvolkes im 14. bis 16. Jahrhundert genannt. In deutschen Städten war sie ein Nachtwächterspiess. Die Hellebarde war zum Schlagen, Stechen und Reissen gedacht. Der Reiter wurde beispielsweise mit dem Hacken vom Pferd gerissen oder mit ihm konnte der Helm einschlagen werden. Die Hellebarde hat zuoberst die spitze Klinge (Spiess, Spitze), darunter auf der einen Seite die breite Klinge (Beil) und auf der anderen Seite den kurzen Hacken. Die Schweizer Kantone (Stände) führten während des Reislaufens verschiedene Ausführungen, z. B. die Sempacher Hellebarde, die Schwyzer Hellebarde, aber immer mit den drei gleichen Waffenteilen. Die heutige Gardehellebarde hat Ähnlichkeit mit der Nidwaldner- und Morgartenhellebarde.
Die Stange ist aus Rosenholz. Die Klinge ist eine Eisen-Guss-Legierung, öfters aus einem Kohlenstoff-Stahl geschaffen. Die Hellebarde misst zwischen 2 und 2,5 Metern.
In den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts waren die Sicherheitsvorkehrungen bei Audienzen gleich Null; so auch bei einer Audienz mit spanischen Jugendlichen im Schweizersaal in Castel Gandolfo. Am Schlusse der Audienz drängten die Jugendlichen begeistert gegen den Papst. Anwesende Schweizergardisten stemmten sich mit waagrecht gehaltener Hellebarde gegen sie. Ein zurückgedrängter Gardist (F.S.) trat dem Papst auf den Fuss. Seine Reaktion: „Sie dummer Schweizer“. Kurze Zeit nach Audienzende entschuldigte sich ein Priester im Namen des Papstes.
Partisane (15. bis 18. Jahrhundert)
Sie stammt aus Italien als Stoss- oder Stangenwaffe. Den Namen erhielt sie vom italienischen Wort „partigiano“ ("Partisan"). In Italien war sie oft Offizierswaffe. Man kennt verschiedene Klingengrössen und Formen. Die Partisane besteht aus einem Holzstiel und einer spitz zulaufenden Klinge. Der geschärfte Teil der Klinge heisst Schneide. –Der Korporal und der Vizekorporal der Garde tragen eine Ochsenzungen-Partisane in zwei Ausführungen (mit Knebelspiess und behackten Ohren). Material und Länge entsprechen der Hellebarde.
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Tatsachen und Meinungen, Buchstabe Sch: Schweizergarde, päpstliche, WA, Mai 2021 (Bilder von Hellebarden und Partisanen)
Hellebarde und Partisane dienen heute der Schweizergarde eher als Präsentationsobjekt. Wichtig ist vielmehr die Gewehrgriff-Handhabe (das Schultern der Waffe).
5. Das Reislaufen im 15. bis 18. Jahrhundert
(„reise“ in Mittelhochdeutsch heisst Feldzug, Kriegszug)
Eidgenössische Militärunternehmer, Fabrikanten, Händler, Financiers, Frauen und Söldner selber stellten den europäischen Grossmächten Söldner und Kredite zur Verfügung. Sie warben in den Dörfern um erwachsene Schweizer; die mitgebrachten Trommler- und Pfeifergruppen sollten dafür Aufmerksamkeit erregen.
Abenteuerlust, Armut, Überbevölkerung und rasches Geld lockten Hunderttausende in Fremde Dienste. Sie zogen aus, um im Krieg Einkommen zu erwerben und Karriere zu machen. Mindestens 1/3 aller Reisläufer kehrte nicht mehr zurück: Sie starben im Kampf oder blieben nach Vertragsabschluss vor Ort. Die eidgenössischen Gewaltshaufen errangen aufsehenerregende Siege. Sie galten als unbesiegbar. Das weckte die Nachfrage.
Wer den grössten Sold versprach, hatte schnell Schweizer im Dienst. So auch bei Papst Julius II., mehr Kriegsherr als Nachfolger Petri, der zwei Jahre nach Pontifikatsbeginn Schweizer Reisläufer mit einem überdurchschnittlich guten Angebot in seine Dienste gewinnen konnte. -
Die päpstlichen Schweizergardisten tun heute noch zuverlässigste Arbeit im "ältesten, aktiven militärischen Korps der Welt" (Dr. Robert Nünlist).
6. Bannerträger und Führer während des Reislaufens
Ableitungen zur Garde
Die Bedeutung des Truppenkommandanten und des Bannerträgers beim Reislaufen, wichtige Männer während eines Kampfes, wurden speziell gekennzeichnet. Der Bannerträger markierte das Kampfgebiet, war Offizier und meistens Aristokrat. Man weiss um die Wichtigkeit des Banners. In einer Schlacht verletzte sich der Bannerträger schwer. Er warf das Banner zur Rettung weit zurück. In einem anderen Fall weiss man von einem Schlachtbericht, dass der verletzte Bannerträger das „vennly“, ein kleiner Wimpel, im Mund versteckte.
In der Schweizergarde tragen der Oberst und der Fahnenträger (Feldweibel), wichtige Gardeangehörige, als Einzige den Helm mit weisser Feder, ähnlich den Gradierungen während des Reislaufens. Beide fallen auf; das wussten die Söldner auch früher während eines Kampfes.
Ein Oberst trug im letzten Jahrhundert keine weisse Feder. Es war Oberst Alois Estermann, der nach 10 Stunden in dieser Funktion erschossen wurde (4. Mai 1998).
7. Die vier obligatorischen Musikstücke während der Vereidigung
Der Fahnenmarsch der Schweizer Armee beim Aufmarsch und Weggang der Fahne:
Mit ihm erfolgen sehr beliebte Auftritte in der Schweizer Armee und bei Grossanlässen (z. B. bei Staatsempfängen, beim Schweizerischen Turnerverband, beim Schützenverband usw.). Die Fahne wird dazu aufgerollt und aufrecht vor dem in Achtungstellung oder stehenden Verband im Köcher vorgetragen. - Während der Vereidigungsfeier der Garde wird die Gardefahne, mit dem Fahnenmarsch begleitet, an den Vereidigungsort hin und ins Pikett zurückgetragen. Beim Ertönen des Fahnenmarsches erheben sich die Anwesenden und Armee- und Polizeiangehörige salutieren.
https://www.youtube.com/watch?v=kgEw5jSMLSU
Der Schweizer Zapfenstreich
Er wird in der Armee beispielsweise als Schlussstück eines Konzertes aufgeführt. An der Vereidigung der Garde hört man ihn als Schlussstück vor dem Abmelden und Defilieren. Bei den Landsknechten war der Zapfenstreich der Beginn der Nachtruhe, in einer anderen Erklärung das Ende der Ausgehzeit bzw. der Ruf zum Appell. Am besten scheint jene Erklärung, wonach an das Ende der Aktivitäten für den Tag appelliert wird.
Schweizerischer Zapfenstreich:
https://www.youtube.com/watch?v=3QePYsJc43Q
Gesungener schweizerischer Zapfenstreich:
https://www.youtube.com/watch?v=CcKV3a-Jfyo
Die Vatikanhymne (Hymne und Pontifikalmarsch)
Sie ertönte zum Heiligen Jahr 1950 zum ersten Mal und ist im eigentlichen Sinne keine Nationalhymne, sondern eine Fürstenhymne auf den Papst. Der lateinische Text stammt von Evaristo d’Anversa, die Melodie wurde von Charles Gounod geschrieben. Die Hymne wird meistens als vatikanische Nationalhymne bezeichnet.
https://www.hymne-national.com/de/nationalhymne-vatikans/
Der Schweizerpsalm, Nationalhymne
Vor der Gründung unseres Bundesstaates im Jahre 1841 wurde der heutige Psalm von Alberich Zwyssig komponiert, Zisterziensermönch von Wettingen. Die Komposition ist aus dem Messegesang „Ich will Dich lieben Herr“ und wurde 1835 für eine Pfarrinstallation in Wettingen geschrieben. Der Psalm erhielt 1841 vom Zürcher Reformierten Leonard Müller den Text. Im gleichen Jahr wurde der Psalm zum ersten Mal vom damaligen Gesangsverein Zug gesungen. Der Schweizerpsalm ist eine der wenigen Nationalhymnen, die ihre Bürger/innen zum Gebet auffordert. Die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft (SGG), Verwalterin der Rütliwiese (Gründungsort der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 1291), möchte eine andere Hymne. Nur eine von zehn Personen kenne die erste Strophe des derzeitigen Psalms.
https://de.wikipedia.org/wiki/Schweizerpsalm
Die Vatikanhymne und der Schweizerpsalm ertönen nach den Ansprachen des Kommandanten und des Gardekaplans. Es wird nicht mitgesungen.
8. Die Gardefahne von Oberst Christoph Graf
Diese Fahne hat grösste Bedeutung in der Garde. Es ist die Schwurfahne und nach der Wappen- und Fahnenkunde etwas Besonderes. Sie sieht folgendermassen aus:
- Das grosse, weisse Reisläuferkreuz macht die Gardefahne zu einer
Militärfahne (den Reisläuferfahnen ähnlich)
- Die vier Felder werden mit dem aktuellem Papstwappen (Feld 1), mit
dem della-Rovere-Wappen (Gründerpapst Julius II., Feld 4)) und den
Farben des Medici-Stammwappens (gelb, rot, blau, Felder 2 und 3)
belegt
- Im Zentrum des Kreuzes steht das Vollwappen (Vignette genannt mit
Familienwappen, Helm, Federn, Decke usf.)
- Das Familienwappen von Kommandanten Graf enthält eine
Hirschstange und eine Pflugschar (Jäger und Landwirt), umgeben von
einem Lorbeerkranz. Im alten Rom bedeutete dieser Kranz Ehre und
eine besondere Aufgabe. Das fällt dem Kommandanten der Garde
zweifellos zu
- Die sehr grosse Gardefahne misst 2,20 auf 2,20 m. Die Fahnen während
des Reislaufens, wo sich über 1,5 Millionen Schweizer als Söldner
eintragen liessen, hatten öfters ein Mass über 2,70 auf 2,70 m
- Die Gardefahne hat den Julius-Damast. Julius II. schenkte nach der
siegreichen Schlacht von Pavia 1525 allen Mitbeteiligten (über 40
Schweizer Stände) Fahnen mit einem speziellen Damaststoff, der heute
noch mit Längs- und Querfarben gewoben wird. Deswegen
bezeichnen die Fahnenfabriken die Ausführung des wertvollen Stoffes
mit "Julius-Damast", mit den Granatäpfel- und Distelmotiven
Zum Schwur des neuen Gardisten: Mit der linken Hand wird das weisse Kreuz an der Fahnenstange umschlungen, dann schnellt die rechte Hand nach oben, die drei Schwurfinger bereits ausgestreckt. Es erfolgt die Aufforderung zum Schwören. Das Foto des Hoffotografen wird wohl zeitlebens die Runde machen.
https://www.affentranger-werner.ch/schweizergarde/standard-titel/standard-titel
Die Gardefahne wird in der Schweiz erstellt. Die Arbeiten sind sehr umfangreich. Die spezielle Fahne sei etwas überladen, meint ein bekannter Wappen- und Fahnenexperte. Sie ist aber mit 5 Änderungen gegenüber den früheren Gardefahnen sehr gut gelungen, ohne Verletzung des Gardereglements.
9. Der Schwur des Gardisten und der Schwur des Schweizer Aktivdienstsoldaten. Definitionen
Der Schwur des Schweizer Aktivdienstsoldaten ist zu Beginn einer Mobilmachung abzulegen. Die Schweizer Soldaten schwören/geloben unter anderem Tapferkeit und Treue und die Pflichten unter Einsatz des Lebens zu erfüllen. Der Schweizergardist schwört, tapfer und treu für den Schutz des Papstes und der Konklavekardinäle einzutreten und, falls es erheischen sollte, sein Leben dafür hinzugeben. Der Inhalt des Gardistenschwurs ist einem schweizerischen Aktivdienstsoldaten nicht fremd; er geht gleiche Inhalte ein.
Am 6. Mai 1914 wurde zum ersten Mal einzeln auf die Fahne von Oberst Repond geschworen, die er mit Hilfe von Staatsarchivar Durrer und Kirchenmaler Stöckli, beide Stans, entwarf.
Vor 1914 schwuren alle Gardisten miteinander mit erhobener Hand, ohne Banner, obwohl die Standartenfahne von Pius IX. anwesend war. Dieses Prunkstück (Paul Krieg) ist immer noch in der Garde vorzufinden (Theatersaal, Stand 2022).
Definitionen des Schwures nach Robert Walpen, Die Päpstliche Schweizergarde, S. 235:
Der Zeugeneid Bei einer Rechtssache, vom Richter verlangt
Der Versprechungseid Meistens im Futur. Deutscher Bundespräsident:
„Ich schwöre, dass ich meine ganze
Kraft dem deutschen Volk widmen … werde
(auch politischer Eid genannt)
Der Treueid Treue zu einem Menschen, einer Organisation,
zu einem Gedanken oder einer
Abmachung haltend (auch Treueeid)
Der politische Eid Auch Abgeordneten-Eid genannt, z. B. der
Diensteid von Bundesräten, Richtern,
Ministern usf. Aufgrund der Sonderstellung des
Schwörenden beinhaltet der Eid
Besonderheiten: Eid auf ein Gemeinwohl, einer
Unabhängigkeit usf.
Militärischer Eid Eid oder Gelöbnis von Soldaten. Er legt sich auf
bestimmte Verpflichtungen
Fahneneid Feierliche Treuebekundung von Soldaten auf die
Fahne. Nach Sprachgebrauch und
allgemeiner Auffassung wird ein Eid bezeichnet
als „Beteuerung der Zuverlässigkeit
einer Aussage durch Anrufung Gottes als
Zeugen und Richter für den Fall, dass
eine Tatsachenaussage der Wahrheit nicht
entspricht oder das Versprechen nicht
eingehalten wird".
Wie handhaben verschiedene Länder den Eid? Die Schweiz kennt den Eid/das Gelöbnis zu Beginn des Aktivdienstes. Österreich kennt die Angelobung nach der Grundausbildung (vier Schwörende an der Fahne). Deutschland bringt den Diensteid/das Gelöbnis gleich zu Beginn der Ausbildung (sechs Schwörende an der Fahne, Stand 2020).
Der Eid des Schweizergardisten auf die Gardefahne kann als militärischer Eid oder Fahneneid, am ehesten als Treueeid auf bestimmte Personen (Papst, über 100 Konklavekardinäle, Vorgesetzte) bezeichnet werden.
10. Die fünf Sprachen während der Vereidigung
Zuerst die Sprachen-Anteile in der Schweiz:
Schweizerdeutsch 62,6 %
Französisch 22,9 %
Italienisch 8,2 %
Rätoromanisch 0,5 %
Italienisch spricht man im Kanton Tessin und in drei Tälern des Kantons Graubünden. Rätoromanisch im Kanton Graubünden. Katholische Kantone wie Wallis (Oberwallis), St. Gallen, Luzern, Tessin und Fribourg stellen seit Jahrzehnten die meisten Gardisten.
Der Gardist schwört in seiner Muttersprache. Es kann also sein, dass in vier Sprachen geschworen wird. Die Befehle des kommandieren Offiziers, die fünfte Sprache, ertönen viele in Schweizerdeutsch ( Beispiel: "Iträtte" heisst: "Ins Pikett eintreten". "Rechte" heisst: "Das Pikett soll auf der Linie ausrichten". Meldung und Abmeldung an den Vertreter des Staatssekretariates spricht der Kommandant in Italienisch.
Ein Erlebnis für jeden Gardisten während der Gardezeit sind die verschiedenen deutschsprachigen Dialekte, das feine Französisch, das schweizerische Italienisch und das Rumantsch Grischun, alle drei letztgenannten auch mit Dialekten. Es sind Sprachbegegnungen, die der Gardist vermutlich zum ersten Mal erfährt. Die Kommandosprache intern bleibt aber Schweizerdeutsch.
11. Die Berufe der Gardisten. Auffallende Veränderungen
Ab Februar 2018 bis September 2021 zeigte sich folgendes Berufsbild:
61,5 % mit gewerblich-industriellem Abschluss (83 Eintretende)
8,8 % mit kaufmännischem Abschluss ohne Berufsmatura und mit
Detailhandel (12 Eintretende)
25,2 % mit Matura, Berufsmatura, Fachmatura, Studenten (34
Eintretende)
4,5 % mit Bachelor- oder Master-Abschluss (6 Eintretende)
Alle Gardisten haben vor dem Gardeeintritt die Rekrutenschule der Schweizer Armee (rund 20 Wochen) zu bestehen, einige davon haben die Unteroffiziers-, wenige die Offiziersschule abgeschlossen. Vergleiche der Berufe:
Jahr 1920* Jahr 1960 Jahre 2018-2021
44,8 % Landwirte 11,11 % --
37,0 % ohne Berufe 11,11 % --
18,2 % Gewerbl.-industriell 56,41 % 61,5 %
-- Kaufleute 18,80 % 8,8 %
-- Kunsthandwerker 2,57 % 25,2 % Matura,
*nicht Student
gesichert 4,5 % Bachelor
Master
Beim Eintritt in die Garde hat der Gardist neben der Muttersprache Kenntnisse von einer wenn nicht von zwei Fremdsprachen. Dazu kommt der obligatorische Italienischunterricht in der Garde.
Seit vielen Jahrzehnten stellen die gewerblich-industriellen und kaufmännischen Berufe eine beachtliche Mehrheit. Sie sollten deshalb im Zentralvorstand und in den Sektionsvorständen der der ehemaligen Gardisten entsprechend vertreten sein.
12. Der Wahlspruch der Schweizergarde
Tapfer und treu – Acriter et fideliter
Schweizer Reisläufer in französischen Diensten pflegten das Motto „Honeur et fidélité – Ehre und Treue“. Die ersten Päpste der Garde sprachen hingegen schon früh von der Tapferkeit und Treue ihrer Leibgarde. Die Garde wählte bei der lateinischen Devise für "Tapfer" das „Acriter“, was während des Reislaufens so viel wie „tapfer, schneidend, wild, grausam“ bedeutete. Man kannte die unbesiegbaren Gewaltshaufen der Schweizer Reisläufer, die zum Töten auszogen. "Acriter" passt ganz und gar nicht mehr zu den heutigen Aufgaben der Schweizergarde. Papst Pius XII., Ulrich Nersinger, Theologe, a. Kommandant Dr. Nünlist wie Martin Luther wählen in der Neuzeit für das Wort „Tapfer“ das lateinische Wort „Fortiter“ (tüchtig, wachsam, gewissenhaft, tapfer, mutig). Es gibt heute keine wilden und grausamen Schweizergardisten im Vatikan, grosszügig ausgedrückt gab es sie nie, harmlose Raufbolde ausgeschlossen.
Man sollte unbedingt den jetzigen Wahlspruch der Garde prüfen. Die Kontroversen auf
https://www.affentranger-werner.ch/tatsachen-und-meinungen-o-bis-z/w/wahlspruch-der-schweizergarde
13. Die vier verschiedenen Schritttempi während der Vereidigung
1. Der Treppenschritt, nämlich die Stiege hoch von der Via di Belvedere zum Hof Sixtus V. Für die Zuschauer*innen der Vereidigung nicht sichtbar
2. Der langsame Parademarschschritt (42-43 Schritte/Minute) beim Einzug vom Hof Sixtus V. in den Damasushof, auch Prozessionsmarschschritt genannt. Der langsame Schritt erinnert an den Landsgemeindeschritt von Appenzell Innerrhoden (knapp unter 40).
https://www.youtube.com/watch?v=Xedfw8RAnJw
3. Der Schwurschritt des einzelnen Gardisten zur Vereidigungsfahne und zurück. Ein würdiger Schritt mit rund 112-114 Schritten/Minute. - Während des 2. Weltkrieges wurde er im Stechschritt verlangt (Alexander Good). Dieser Fahnenschritt ist nicht befohlen und bleibt winzig langsamer als der Marschmusik-Schritt
4. Beim Defilee am Schluss der Vereidigung: der schnelle Schritt (113-120 Schritte/Minute), d. h., es ist das bekannte Marschmusik-Tempo. Zum Vergleich: der langsamere Glarner Landsgemeindeschritt mit 79-82 Schritte/Minute ähnelt dem Schritttempo der Fremdenlegion oder dem alten Marschschritt der Schweizer.
Der perfekte, gemeinsame Marschschritt des Piketts beim Defilee am Schlusse der Vereidigung, begleitet vom lauten Taktklatschen der sichtlich begeisterten Anwesenden, ist immer "Hühnerhaut-verdächtig".
14. Das della-Rovere-Wappe (Gründerpapst Julius II.)
Giuliano della Rovere wurde am 05.12.1443 in der Provinz Savona geboren. Er war Papst von 1503 bis 1513 und ordnete nach dem Eintreffen der Schweizer im Jahre 1506 den Bau des Petersdomes an. Das Familienwappen kann wie folgt beschreiben werden: in Blau eine gelbe Eiche (Eiche auf italienisch: Rovere). Es ist beidseitig vorzufinden auf dem weissen und schwarzen Helm der gesamten Mannschaft wie auf der Gardefahne.
https://de.wikipedia.org/wiki/Della_Rovere#/media/Datei:Blason_familie_it_Della_Rovere01.svg
Jedes Familienwappen geniesst in seiner künstlerischen Gestaltung grundsätzlich den Schutz des Urheberrechtes.
15. Das Medici-Wappen als Begnadigungswappen oder Gnadenzeichen besonderer Gunst
Die Familien"Medici" aus Florenz waren eine einflussreiche italienische Dynastie im 15. bis 18. Jahrhundert. Sie erwarben ihren Reichtum im Textilhandel. Aus ihnen gingen drei Päpste hervor: Leo X. (Giovanni), Papst von 1513-1521, Clemens VII. (Giulio) von 1523-1534 und Leo XI. (Alessandro), der sein Amt im April 1605 ausübte.
Beschreibung des Familienwappens: in Gelb fünf rote Kugeln (italienisch: palle). „Palle palle!“ war der Kriegsschrei der Medici. Es sind also keine Pillen [Medici = Ärzte]). In der Mitte oben steht das Wappen des französischen Königs, das 1465 als Geschenk von Louis XI. an die Medici abgegeben wurde: eine blaue Kugel mit drei gelben Lilien. Die Medici-Farben sind also: gelb-rot-blau.
https://de-academic.com/pictures/dewiki/67/C_o_a_Papas_Medicis.svg
Diese drei Farben, Primärfarben genannt, auch Erst- oder Grundfarben, die sich nicht durch Farbmischung aus anderen Farben erzielen lassen, sind durch die Uniform der Schweizergarde weltbekannt geworden.
16. Das Wappen der Pfyffer von Altishofen, Mauensee, Wyher und Heidegg
"Pfyffer von Altishofen" ist ein geadeltes Patriziergeschlecht ab dem 16. Jahrhundert in der ehemals freien eidgenössischen Stadt und Republik Luzern. Es war die mächtigste und zahlenmässig grösste Patrizierfamilie dieses Stadtstaates.
Ihr Familienwappen: in Gold ein schwarzes Mühleisen, begleitet von drei blauen Lilien. Es sind zugleich die Farben der Trommler- und Pfeifergruppe der Garde.
Das Mühleisen im Familienwappen der Pfyffers ist ein zentrales Bauteil im Mahlgang einer Mühle. Mit ihm wird das Mahlgut zerkleinert. Die Pfyffers müssen also früher den Handwerksberuf Müller ausgeübt haben.
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:Pfyffer-Altishofen-Wappen.png
Die "Pfyffer von Altishofen" haben ab 1652 bis 1982 elf Gardekommandanten und mehrere Offiziere gestellt.
Das Schloss Altishofen besitzt heute die Gemeinde Altishofen. Das Schloss Mauensee ist in Privatbesitz, Wyher/Ettiswil führt eine Stiftung und Schloss Heidegg gehört dem Kanton Luzern. Alle Schlösser befinden sich im Kanton Luzern.
Bei den ersten Päpsten der Garde trugen die Gardisten jeweilen die Familienwappen-Farben des amtierenden Papstes (in divisa), beispielsweise beim zweiten Papst Leo X. Mediici gelb-rot-blau, bei seinem Nachfolger, Adrian VI. Floriszoon Boeyens, gelb-weiss-grün. Mit der Zeit liess man die Medici-Farben bleiben (Paul Krieg).
17. Die Schweizergarde als ältestes, aktives militärisches Korps der Welt
„Die Schweizergarde ist keine Armee. Eine Armee hat Land und Leute zu schützen und zu verteidigen. Das ist hier nicht der Fall“ (alt Oberst Segmüller in einem Interview)). alt Oberst Nünlist schreibt: „Die Schweizergarde ist das älteste, aktive militärische Korps der Welt.“ - Das Gardereglement vom 16.01.2006 spricht von einem militärischen Korps. Warum ist der Dienst in der Schweizergarde in der Schweiz straffrei? Das Schweizerische Militärstrafgesetz, Art. 94, bezeichnet den fremden Dienst in der Garde als Wachpolizei. - Der Arbeitgeber der Garde ist der Heilige Stuhl, also nicht der Staat der Vatikanstadt. Der Hl. Stuhl ist ein nichtstaatliches, souveränes Subjekt der völkerrechtlichen Beziehungen und der Staat der Vatikanstadt garantiert völkerrechtlich die Unabhängigkeit des Heiligen Stuhles.
Zurzeit hat das militärische Korps für den Heiligen Stuhl fünf Aufgaben zu erfüllen:
Kontrolldienst, Ordnungsdienst, Objektschutz, Personenschutz und Ehrendienst.
https://www.affentranger-werner.ch/schweizergarde/armee-die-kleinste-der-welt-eine-korrektur
Die Päpstliche Schweizergarde hat heute einen Sollbetand von 135 Mann (Stand 4/2023).
18. Sacco di Roma, 6. Mai 1527
Geschichte und ihre schmerzlichen Folgen
1526/1527 ergab sich folgende politische Lage: Franz I. war König von Frankreich, Kaiser Karl V. stand Spanien und Deutschland vor und Papst Clemens VII. Medici herrschte über Mittelitalien, dem Herzogtum Mailand und Venedig. Der deutsche Franz I. kämpfte um die Vorherrschaft in Oberitalien. Der Papst versuchte seinerseits, den Konflikt für die Stärkung des Kirchenstaates auszunutzen. Der Franzosenkönig erlitt bei seinem Eroberungszug in der Poebene gegen den deutschen Kaiser eine schwere Niederlage. Der Kaiser wurde deshalb für den Papst zu mächtig. Clemens VII. wechselte deshalb die Hosen und kündigte dem Kaiser die Allianz. Das liess sich der deutsche Kaiser nicht bieten. Mehrere tausend protestantische Landsknechte und spanische und italienische Söldner zogen durch den Kirchenstaat nach Rom. Dabei gab es Opfer in der Zivilbevölkerung und auf beiden Seiten erlitten unzählige Soldaten den Tod. Rom wurde eingenommen.
6. Mai 1527: Für die Verteidigung des Petersplatzes und den Geleitschutz des Papstes stellten sich 189 Schweizergardisten entgegen. 147 starben und 42 folgten dem Papst durch den Mauergang in die Engelsburg, von dem er vermutlich mehr wusste als seine Leibgarde. Der Papst geriet in Gefangenschaft und die Schweizergarde wurde aufgelöst. An ihre Stelle traten deutsche Landsknechte. Mehrere Wochen lang wurde Rom geplündert. - 21 Jahre später wurde die Schweizergarde von Papst Paul III. (1534-49) wieder aufgeboten. 200 Schweizer zogen in kürzerster Zeit entschlossen zum Vatikanhügel.
https://www.affentranger-werner.ch/schweizergarde/sacco-di-roma-und-die-vorgeschichte
Dieser 6. Mai, gelebte Erinnerung an die verstorbenen Kameraden im Kampfe, überragt im Gardeleben mehrere Anlässe, die im Vatikan stattfinden.
19. Überlautes Schwören während der Vereidigung
Der Schwörende wie der Offizier sprechen mindestens 75 bis 85, wenn nicht gegen 90 Dezibel (dB). Ab 85 dB wird der Beschädigungsbereich erreicht. Ab 120 dB gibt es gar Hörschäden. Die Schmerzschwelle ist in Reichweite.
Der Kommandant und der Gardekaplan bedienen sich des Mikrofons. Was aber müssen die Schwörenden gegen jedes übliche, militärische Garde-Sprechverhalten eingehen?
Dieses überlaute Schwören stört viele Personen, die die Vereidigung verfolgen. Die Meinung des Kommandos, man müsse "laut reden", damit alle Anwesenden im Damasushof auf die Rechnung kämen, sei in den Raum gestellt.
Gebt vielmehr dem Kommandanten, dem Kaplan, dem aufrufenden Wachtmeister, dem Schwörenden und dem Offizier vor der Fahne Mikrofone. Es können m. E. damit beim Schwörenden verhindert werden: Stimmversagen, Atemnot, Zittern, Schweissausbruch, verzerrter Gesichtsausdruck, Körperstarre (alles schon erlebt oder im Fernsehen festgestellt), dazu den fehlenden, unverzichtbaren Wert des Treueeides und das Unverständnis vieler Personen, auf welche Art auch immer ausgedrückt. - Der grosse Freund der Garde, +Pfarrer Aloys von Euw, Schwyz, fleissiger Besucher der Vereidigung, hatte dieses Thema gelegentlich angemahnt. - Der Schwyzer Mitarbeiter von "Vatican News", Dr. Mario Galgano, der die Vereidigung von 2021 kommentierte, bemerkte nach den ersten Schwüren überrascht: "Die haben kein Mikrofon, die schreien das".
20. Der Damasushof
Er ist umgeben vom Papst-, Damasus- und Apostolischen Palast. Der Damasushof, entworfen von Bramante und Raffael, wurde 1519 von Donato Bramante fertigerstellt. Die 3 Loggien rundum sind ein geniales Werk, angefertigt von Bramante und Raffael. Der Damasushof ist zugänglich vom Hof Sixtus V. Hier kommt die Garde in den Damasushof; sie kehrt auf der anderen Seite des Hofes über den Hof Papagalli zurück in die Kaserne. Der Zugang für Zuschauerinnen und Zuschauer führt über das Portone di Bronzo.
Die fesselnde und nachhaltige Damasushof-Atmosphäre dieser 1,5 Stunden Vereidigung spürt man auch am Fernseher, die Lautstärken der Schwüre exklusiv (siehe Mosaik 19). Es werden nur noch maximal 2'500 Personen zugelassen (Stand 07/2022).
→Tatsachen und Meinungen, Buchstabe L, Loggia
21. Die Galauniform (Tracht) der Garde
Die heutige Uniform in Gelb-Rot-Blau wurde zum ersten Mal an der Vereidigung von 1914 getragen. Entworfen haben sie Oberst Repond und Staatsarchivar Durrer von Stans nach der Renaissance-Mode und von Fresken Raffaels. Sie sieht gesamthaft wie folgt aus:
- schwarzes Beret (Baskenmütze)
- weisser Spitzkragen (Fallkragen beim Panzer)
- Kittel (Puffärmel in Gelb-Rot-Blau)
- Kniehosen mit Stoffbändern (Pluderhose in Gelb-Rot-Blau)
- Gamaschen (Beinstulpen in Gelb-Rot-Blau)
- dazu Gurt und Schwert, der Helm in Schwarz
Diese Uniform tragen auch Vizekorporal und Korporal.
Die einrückenden 150 Schweizer sollen 1506 in divisa erschienen sein, vermutlich in Blau/Gelb, also nach den Stammfarben von Julius II. (Paul Krieg).
Die höheren Unteroffiziere Wachtmeister und Feldweibel tragen einen dunkelblauen Kittel mit Puffärmeln, eine weinrote Pluderhose (Kniehose) und weinrote Strümpfe.
Offiziere tragen einen weinroten Kittel mit Puffärmeln, eine weinrote Hose und weinrote Kniestrümpfe. Der Faltkragen ist in Weiss.
Alle Gardeangehörigen tragen schwarze Schuhe.
https://schweizergarde.ch/paepstliche-schweizergarde/de/ueber-uns/uniformen/
Sämtliche Uniformen werden vom gardeeigenen Schneider angefertigt (Massuniform). Die Galauniform der Gardisten in Gelb-Rot-Blau soll 154 Gewebestücke aufweisen.
22. Die ehemaligen Schweizergardisten (Exgardisten)
Die Zahl der geschätzten Exgardisten beläuft sich auf rund 1400 bis 1600 (Es gibt noch andere Zahlen). Sie sind in der Vereinigung der ehemaligen päpstlichen Schweizergardisten organisiert. Ihr gehören rund 3/5 der Ehemaligen an. Die Vereinigung zählt 13 Sektionen, verteilt auf die ganze Schweiz. Die Ehemaligen treffen sich zum Stamm, zu kulturellen und kirchlichen Anlässen, wo Ehrendienst in Uniform geleistet wird. Interessant ist zu wissen, dass sich der grösste Teil der Exgardisten zu den traditionalistischen Gläubigen, eine Gruppe zu den Fundamentalisten und eine weitere zu den Event-Katholiken zählt. Viele der Ehemaligen arbeiten im Sicherheitsdienst. Exgardisten sind gefragte Mitglieder in kirchlichen Institutionen.
Viele Ehemalige engagieren sich jedes Jahr rund um die Vereidigung. Sie tragen bei zum reibungslosen Ablauf der Tage. Ohne ihre Mithilfe wäre die notwendige Arbeit erschwert.
23. Arten der Fahnenhandhabung. Regeln
Während des Reislaufens trug man die grossen, schweren Regimentsfahnen über die rechte oder linke Schulter; so auch in der Schweizergarde. Ab dem 6. Mai 1973 (getragen von Feldweibel Chèvre, erste Vereidigung unter Oberst Franz Pfyffer von Altishofen) wurde die Gardefahne rechts im Köcher geführt.
Wir wünschen dem kräftigen Feldweibel nur leichten Wind während der Präsentation der Gardefahne, wo auch immer.
24. Fahnenwache. Geschichte. Das Schlagschwert
Unter "Fahnenwache" versteht man jene zwei oder mehrere Personen, die den Fahnenträger flankieren. Im Militär sind sie mit Gewehr oder Säbel bewaffnet. Diese Praxis ist im Commonwealth sehr beliebt.
Die Fahnenwache der Schweizergarde trägt das Schlagschwert senkrecht auf der Schulter. Mit ihm wurde früher beidhändig gekämpft; es wird deswegen auch Zweihänder genannt. Da die Klinge der Garde-Schlagschwerter die gewellte, flammenförmige Klinge aufweist, nennt man sie auch Flammenschwerter (Peter Hasler).
Iaido ist die Kunst, das Schwert im richtigen Augenblick zu ziehen und mit dem Ziehen in den Angriff zu übergehen. Es ist aus der Kampfkunst Japans, der Samurai, entstanden. Es gibt Schweizermeisterschaften.
25. Die Gründung der Schweizergarde
Die Schweizer Reisläufer wurden als beste Kämpfer bezeichnet: wild, grausam, schneidend (acriter in lateinisch). Das wusste auch Julius II., die er in einem Feldzug mit dem Franzosenkönig Karl VIII. im Jahre 1494 nach Neapel kennenlernte. Als Kriegsherr, er wurde in Frankreich militärisch ausgebildet (Ulrich Nersinger), suchte er sich eine Leibgarde und gelangte 1525 an die Tagsatzung zu Baden mit dem Wunsch, 200 Schweizer Söldner als Leibgarde einzustellen. Dem Ruf folgten 150. Sie zogen am 22. Januar 1506 (Gründungstag) in Rom ein, 86 Tage vor der Grundsteinlegung des neuen Petersdoms (18.04.1526). Das Quartier lag zwischen dem heutigen Portone di Bronzo und der heutigen Gardekapelle. Jeder Gardist hatte normalerweise ein eigenes, kleines Häuschen. Man kennt namentlich nur 18 Erstgardisten, die eingerückt waren, beispielsweise hier fünf davon aufgezählt: die Gebrüder Jakob und Hans Locher aus Basel, Rudolf Rosaby aus Schwyz, Rudolf Grave aus Appenzell und der Erstwalliser Gilli Switzer (Aloys von Euw).
https://www.affentranger-werner.ch/schweizergarde/geschichte-der-paepstlichen-schweizergarde
Kaum waren die ankommenden Schweizer Reisläufer vor dem alten Petersdom, wurden sie von Papst Julius II. gesegnet und in Dienst gestellt.
26. Vereidigung bei schlechtem Wetter in der Audienzhalle
Die Audienzhalle befindet sich links des Petersdomes zwischen Deutschem Friedhof und südlicher Staatsgrenze, Eingang Sant'Uffizio.
Beschreibung der Audienzhalle:
1. Die Bühne mit Frontseite und Papstsitz liegt auf vatikanischem
Staatsgebiet
2. Der Rest der Audienzhalle, also die Besucherseite, liegt auf
italienischem Staatsgebiet, wohl auf dem Hoheitsgebiet des
Vatikanstaates
3. Die Eröffnung der Audienzhalle fand am 30. Juni 1971 statt. Star-
Architekt ist Pier Luigi Nervi (daher auch Nervihalle genannt)
4. Die Audienzhalle ist ein Meisterwerk: pfeilerlose, harmonisch wirkende
Halle mit trapezförmigem Grundriss, je nach Bestuhlung für 6‘300 bis
12‘000 Besucher/innen geschaffen
5. Die wellenförmige Dachkonstruktion hat 42 Gewölberippen
6. Die Kosten wurden bei weitem überschritten. Eine kostspielige,
karitative Kompensation war nötig (schlechte-Gewissens-Aktion). Der
Vatikan verkaufte eine grosse Immobilie im Zentrum Roms
7. Dafür liess Paul VI. ein „Dorf“ mit 90 Wohnungen nordöstlich vor Ostia,
bauen (unweit des Mittelmeeres)
8. In der oberen Etage der Audienzhalle befindet sich ein Konferenzsaal
9. An der Frontseite der Halle, d. h. die Wand hinter dem Papstthron,
schuf Pericle Fazzini die Bronzeskulptur „Auferstehung Christi“ mit der
Verwüstung des Gartens Getsemani, mit entwurzelten Bäumen und
gespaltenen Felsen
10. Darum wurde die Nervihalle erst 1977 endgültig fertig
11. Juli 2009: Das ganze Hallendach wurde mit Solarmodulen belegt
Siehe Inhaltsverzeichnis Nr. 43:
https://www.affentranger-werner.ch/tatsachen-und-meinungen/standard-titel/standard-titel/standard-titel#c4250
27. Begrüssung durch den Kommandanten mit vatikanischer Hofsprache
Zu Beginn der Vereidigung wendet sich der Kommandant an die Anwesenden und beginnt mit der Begrüssung der besonderen Gäste. Er wählt das Protokoll des Vatikans, d. h., er bedient sich der Hofsprache. Das ergibt beispielsweise Anreden wie:
- Eccellentissimo:
Hochverehrter/Hochverehrtester,
Wohlangesehener/Wohlangesehenster
- Illustrissimo:
Hochgeehrter/Hochgeehrtester, Hochverehrter/Hochverehrtester,
Vornehmster
Im Jahre 2022 hiess es beispielsweise:
Illustrissimo Presidente della Confederazione Svizzera, Signor Ignazio Cassis. Zu deutsch:
Hochverehrt(est)er Präsident der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Herr Ignazio Cassis
Die Anreden des Kommandanten mögen gezuckert tönen. Im Kanton Appenzell Innerrhoden spricht man überraschender Weise Ähnliches. Im Landsgemeindering spricht man am letzten Aprilsonntag von "Hochgeachteter Landammann, hochvertraute, liebe Landsleute" (Peter Aebi).
28. Auf den Schwur mehrere Monate warten
Die Eintritte der Rekruten erfolgen im Verlaufe des Jahres zu verschiedenen Zeiten. Es ist möglich, dass der Gardist auf den Schwur monatelang warten muss. Beispiele:
Eintritt Juni 2021, 4 Gardisten. Wartezeit bis zur Vereidigung: 11 Monate.
Eintritt September 2021, 17 Gardisten, Wartezeit bis zur Vereidigung: 8 Monate.
Genau genommen sind deshalb jedes Jahr etliche Gardisten für längere Zeit ohne Eides-Verpflichtungen.
29. Orden und Verdienstauszeichnungen an die Gardisten
Einige Gardisten und Offiziere, nicht aber der Gardekaplan, erhalten unmittelbar vor der Vereidigung für ihre Leistungen verschiedene Orden (Silvester, Gregorius, Pius) und Verdienstauszeichnungen (Benemerenti, Ecclesia et Pontifice). Sie dürfen später nicht an der Soldatenuniform der Schweizer Armee angeheftet werden. Schweizer Staatsvertreter, die beispielsweise an der Vereidigung oder an einer Privataudienz beim Papst teilnehmen, dürfen übrigens keine ausländischen Ehrenzeichen annehmen. Alle Auszeichnungen des Heiligen Stuhles sind nachstehend im Bild festgehalten. Der Staat der Vatikanstadt hingegen kennt keine Orden und Auszeichnungen:
https://www.affentranger-werner.ch/tatsachen-und-meinungen/o-bis-s-sch-st/o-bis-ord/orden-und-verdienstauszeichnungen-hl-stuhl-bilder
Die Auszeichnungen an der Gardistenbrust weisen auf die Länge und die Verdienste der Dienstzeit hin. Zwei Kommandanten in der Neuzeit waren auch schon in der Zwickmühle mit diesen Verleihungen. "Ich bin Schweizer", meinte einer.
→Tatsachen und Meinungen: O - Ord, Erweiterte Themen
30. Die Schweizerische Eidgenossenschaft, die Schweizer Armee
und die Schweizerische Bischofskonferenz an der Vereidigung
media@gsp.va
31. Der Gastkanton an der Vereidigung
media@gsp.va
32. Zusatzprogramme rund um die Vereidigung (Beispiel 2019)
- Aufgebot der Exgardisten
- Vesper
- Kranzniederlegung (Piazza dei Protomartiri Romani)
- Verdienstauszeichnungen: Verdienstkreuz „Pro Ecclesia et Pontifice“. Verdienstmedaille: „Benemerenti“
- Ordensverleihungen
- Galadiner
- Morgengottesdienst im Petersdom
- Apéro
- Papstaudienzen für die neuen Gardisten, für ihre Eltern, für die kantonalen und eidgenössischen Vertretungen
- Vorstellen der Eltern beim Obersten-Ehepaar
- Spezialführungen im Papstpalast, Gärten, Dom usf. durch vereidigte Gardisten
- Events des Gastkantons: z. B. mit Chor, Musikgesellschaft, Trachtenverein. Kantonsdelikatess
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Fernsehübertragung: Vereidigung von 2017 (EWTN)
Kommentar von Ulrich Nersinger,Theologe und Philosoph. Dauer 1:28:14
https://www.youtube.com/watch?v=T-p3BQvuJf0
Fernsehübertragung: Vereidigung von 2023 (vaticannews)
Kommentar von Dr. Mario Galgano, Radio Vatikan, und Dominik Zemp, Gardist. Dauer 1:42:47
https://www.facebook.com/vaticannews.de/videos/vereidigungsfeier-der-schweizergarde-06-mai-2023/906272513771046/
Besuch des Petersdomes
Geschichte, Bauwerk und Ausstattung, Petersplatz. Geläute der sechs Glocken
https://www.affentranger-werner.ch/tatsachen-und-meinungen/tatsachen-und-meinungen/gelc-gz#c761
Besuch der Sixtinischen Kapelle
Der Deckenplan mit Beschrieb auf einem A4-Blatt
https://www.affentranger-werner.ch/tatsachen-und-meinungen-o-bis-z/s/sixtinische-kapelle-deckenplan
Das Jüngste Gericht, Plan mit Beschrieb auf einem A4-Blatt
https://www.affentranger-werner.ch/tatsachen-und-meinungen-o-bis-z/s/sixtinische-kapelle-juengstes-gericht
Führungskader der Päpstlichen Schweizergarde (Stand Juni 2022):
https://schweizergarde.ch/paepstliche-schweizergarde/de/ueber-uns/fuehrungskader/
→Buchstabe V, Vereidigung
© Werner Affentranger, Bottmingen, ehemaliger Schweizergardist
2023